Tricks beim Mindestlohn
Fast fünf Millionen Menschen haben in Deutschland Anspruch auf Mindestbezahlung. Doch nicht alle Arbeitgeber halten sich daran.
Berlin. Sie arbeiten auf dem Bau, reinigen Büros, oder pflegen alte Menschen. Und das für wenig Geld. Fast fünf Millionen Menschen in einem Dutzend Branchen haben Anspruch auf eine Mindestbezahlung.
Die Mindestlöhne reichen von sieben Euro in ostdeutschen Wäschereien bis 13,70 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe.
Doch auch diese Vergütung wird von vielen Arbeitgebern unterlaufen. Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums kam es 2012 allein in der Baubranche zu fast 27 000 Kontrollen. Dabei wurden knapp 1700 Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Wegen des Verstoßes gegen die Mindestlohnordnung wurden Bußgelder in Höhe von zwölf Millionen Euro fällig. In der Gebäudereinigung kam es zu 3443 Überprüfungen und 248 Ermittlungsverfahren. Die Geldbußen gegen Arbeitgeber summierten sich auf 770 000 Euro. Bei den Sicherheitsdiensten waren es 124 Verfahren, in der Abfallwirtschaft 55 und in der Pflegebranche 50 Fälle.
Mit Ausnahme der Zeitarbeit, die von der Bundesagentur für Arbeit kontrolliert wird, wachen die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls über die Bezahlung in den Branchen mit einem allgemeinverbindlichen Mindestlohn.
Laut Gewerkschaften geschieht das aber nur unzureichend. Von den 6769 Planstellen in der FKS waren laut Finanzministerium im Juni vergangenen Jahres 495 unbesetzt.
Der Vorsitzende der IG Bau, Klaus Wiesehügel, hält eine Personalstärke von mindestens 8000 FKS-Beamten für erforderlich, um Verstöße gegen den Mindestlohn wirksam zu bekämpfen. „Je mehr kontrolliert wird, desto häufiger stößt man hier auch auf Betrug“, sagte er unserer Zeitung.
Besonders in der Baukrise von 1995 bis 2006 seien Mindestlöhne unterlaufen worden. „Jetzt erleben wir einen Bauboom, aber manche Betriebe sind offenkundig in den schlechten Gewohnheiten von damals verhaftet.“
Das Finanzministerium wies solche Vorhaltungen zurück. Und auch bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit fühlt man sich zu Unrecht kritisiert. Der Sprecher der FKS, Klaus Salzsieder, verwies gegenüber unserer Zeitung darauf, dass die Behörde bei ihrer Gründung 2003 über etwa 2500 Prüfer verfügte und deren Zahl kontinuierlich gewachsen sei.
Aber wie kommt die FKS den Lohndrückern auf die Spur? Laut Salzsieder handelt es sich in 90 Prozent aller Firmen-Prüfungen um klassische Stichproben. Der Rest geht zumeist auf Hinweise der Gewerkschaften zurück, die von den betroffenen Beschäftigten kontaktiert werden.
Verstöße können aber auch der Rentenversicherung oder den Krankenkassen gemeldet werden. Denn bei geringerer Entlohnung fallen für die Arbeitgeber weniger Sozialbeiträge an, die sie den Sozialkassen schulden. Die FKS kontrolliert und bestraft übrigens nur die Firmen. Fehlende Bezüge müssen die Beschäftigten selbst einklagen.