Bundestag stellt keinen eigenen Antrag für ein NPD-Verbot
Berlin (dpa) - Der Bundestag wird wie auch die schwarz-gelbe Regierung nicht für ein NPD-Verbot nach Karlsruhe ziehen.
Entsprechende Anträge von SPD und Linken fanden am Donnerstag im Parlament keine Mehrheit - die Bundesländer müssen ein Verbot der rechtsextremen Partei vor dem Bundesverfassungsgericht also allein begründen.
Redner aller Fraktionen betonten, dass man sich in der Einschätzung der rechtsextremen NPD als verfassungsfeindliche Organisation nahezu einig sei. Es gehe bei dem Votum über einen neuen Verbotsantrag allein um die Abwägung der juristischen Chancen. Der Bundesrat hat Mitte Dezember beschlossen, vor dem Verfassungsgericht erneut ein NPD-Verbot zu beantragen.
Gegen den SPD-Antrag im Bundestag votierten in namentlicher Abstimmung 326 Abgeordnete, dafür waren 211. Es gab 40 Enthaltungen.
Die Linke unterstützte den SPD-Antrag. Die Grünen hatten bereits vorher ihre Enthaltung angekündigt. Angenommen wurde dagegen mit 318 Stimmen ein Antrag der schwarz-gelben Koalitionsfraktionen, der zur Bekämpfung von Rechtsextremismus aufruft. Danach sollen die verschiedenen Aussteigerprogramm weiter unterstützt und die Sicherheitsbehörden so ausgestattet werden, dass Straftaten abgewehrt werden können. Gegen diesen Antrag votierten 259 Parlamentarier.
Die Bundestags-Entscheidung ändert für Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) nichts am Antrag der Länder. „Es kommt allein auf die juristischen Argumente an, nicht auf die Zahl der Klagenden“, sagte die derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag. Die Länder hätten eine „belastbare Materialsammlung“ mit Indizien für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD. Menschen, die Rechtsextremisten auf der Straße die Stirn böten, hätten ein Recht darauf, dass der Staat seine Spielräume ausschöpfe.
Vor zehn Jahren waren Bundesrat, Regierung und Parlament noch gemeinsam gegen die NPD vor das Bundesverfassungsgericht gezogen - allerdings vergeblich. Der Anlauf scheiterte damals, weil Informanten des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der Partei tätig waren.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann warb in der Debatte eindringlich für einen eigenen Verbotsantrag des Parlaments. „Gegen ihre Feinde dürfen sich Demokraten nicht neutral verhalten“, sagte Oppermann. Die NPD sei antidemokratisch, antisemitisch, ausländerfeindlich und zum Teil gewaltbereit. Die rechtsextreme Partei dürfe nicht länger auch noch von der staatlichen Parteinfinanzierung profitieren.
Redner von Union, FDP und Grünen betonten, dass man in der Einschätzung der NPD im Parlament weitgehend gleicher Auffassung sei. „Wir sind uns einig, dass die NPD aus allen Parlamenten verschwinden soll“, sagte Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU). Die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens müssten aber abgewogen werden. Krings hielt der SPD vor, die hohen juristischen Hürden in Karlsruhe und auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte fahrlässig zu ignorieren.
Auch Volker Beck von den Grünen mahnte eindringlich zur Vorsicht. Wären die Chancen für ein Verbotsverfahren klar, dann würden alle Parlamentarier „mit fliegenden Fahnen Ja sagen“. Aber das Material gegen die NPD werfe aus seiner Sicht immer noch Fragen. So gebe die Bundesregierung keine eindeutige Garantie, ob nicht doch einzelne Erkenntnisse über die NPD von V-Leuten stammten - und verweise nur auf einen Geheimhaltungsbeschluss der Innenministerkonferenz. Es
gehe in der Debatte nicht um die Frage, ob man die NPD verbieten wolle, sondern ob man sie verbieten könne, sagte Beck.
Ulla Jelpke und Gregor Gysi von der Linkspartei warben dagegen eindringlich für einen Verbotsantrag. Von der Länderkammer sei die Frage des Antrags längst entschieden. Es gehe jetzt darum, dass der Bundestag den Bundesrat auch unterstütze, sagte Gysi.
Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert bezeichnete die NPD als „widerliche Partei“, der alle Demokraten entschlossen entgegentreten müssten. Der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte: „Wer sich die Nazi-Diktatur zum Vorbild nimmt, muss den Widerstand aller Demokraten herausfordern.“ Ein erneutes Scheitern des Verbotsverfahrens werde jedoch nur der NPD nützen.