Zahl der Drogentoten sinkt - Aber mehr Designerdrogen und Crystal
Berlin (dpa) - In Deutschland kommen immer weniger Menschen durch Drogen zu Tode. Im vergangenen Jahr starben 944 Menschen an übermäßigem Rauschgiftkonsum - so wenige wie seit 25 Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Jahr zuvor war dies ein Minus von vier Prozent.
Grund für den Rückgang: Es werden weniger harte Drogen als früher konsumiert, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), am Donnerstag in Berlin. Niedriger als 2012 war die Zahl der Drogentoten zuletzt mit 670 im Jahr 1988.
Auch wenn Männer mit 81 Prozent immer noch den größten Anteil an den rauschgiftbedingten Todesfällen haben - im Jahresvergleich nahm die Zahl der Frauen erstmals zu - um 33 auf 177. Dyckmans zeigte sich alarmiert: Zu klären sei, ob die Hilfsangebote für die Betroffenen nicht ausreichten oder sie nicht erreichten.
Die meisten Drogenabhängigen starben an Vergiftungen wegen gleichzeitiger Einnahme verschiedener Substanzen. Dabei waren auch drei Minderjährige, einer davon sogar unter 13 Jahren, berichtete Dyckmans. Gleichwohl zog sie ein positives Fazit. Der anhaltende Rückgang der Todesfälle zeige, dass die Drogenpolitik hierzulande „grundsätzlich erfolgreich“ sei. Forderungen nach einer Legalisierung von Cannabis erteilte sie eine Absage.
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, wies auf die 19 559 Konsumenten harter Drogen hin, die der Polizei 2012 erstmals auffielen. Dies entsprach im Vergleich zu 2011 einem Rückgang um acht Prozent. Erstmals seit fünf Jahren ging die Zahl der erstauffälligen Konsumenten bei Amphetamin und Methamphetamin zurück - um fünf Prozent auf 13 728. Dagegen wurden bei der Modedroge Crystal mit 2 556 genau 51 Prozent mehr Erstkonsumenten erwischt - mehr als bei Heroin.
Ziercke wie Dyckmans warnten vor der Verharmlosung von Cannabis. Dieses Rauschgift gelte zu Unrecht als „weiche Droge“, da es in deutlich höheren Konzentrationen als früher am Markt sei. Die Polizei hob 809 (Vorjahr: 717) Cannabis-Plantagen aus, dazu 24 illegale Labors zur Herstellung synthetischer Drogen.
Anlass zur Besorgnis gibt, dass der Markt für synthetische Substanzen - angeboten werden sie als Badesalz oder Duftkissen - weiter wächst. „Bei sogenannten Designerdrogen gibt es steigende Umsatzzahlen“, bedauerte Ziercke. Wegen des lukrativen Geschäfts sei mit einem Rückgang nicht zu rechnen. Das Problem ist, dass schon kleine Veränderungen an der molekularen Struktur aus einem verbotenen Stoff eine neue Substanz machen. Diese fällt dann nicht unter das gesetzliche Verbot. Gesundheitsgefährdend ist sie dennoch.
Die Drogenexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Graf, forderte die Bundesregierung auf, der Ausbreitung von Crystal einen Riegel vorzuschieben. „Noch haben wir die Chance, dies in Deutschland und Europa zu verhindern. Dazu muss allerdings die Bundesregierung endlich aufwachen.“ Crystal sei „eine sehr gefährliche Droge“, die sich in den USA rasch ausgebreitet habe.
Gegen die „besorgniserregende Zunahme der Drogenkriminalität“ sind nach Ansicht der Polizeigewerkschaft GdP international abgestimmte Bekämpfungsstrategien nötig. Die Zahlen zeigten, dass hoch kriminelle Hersteller und Schmuggler die gelockerten Grenzkontrollen in Europa ausnutzten, um die Märkte mit Drogen zu überschwemmen. „Der Kampf gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität muss von den Polizeien Europas gemeinsam geführt werden“, sagte GdP-Chef Bernhard Witthaut.