Trittin presserechtlich verantwortlich für Pädophilie-Forderung
Berlin (dpa) - Wenige Tage vor der Bundestagswahl bringen Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin Vorwürfe wegen einer früheren pädophilen Forderung in einem Programm in Bedrängnis.
Trittin zeichnete 1981 für ein Kommunalwahlprogramm verantwortlich, in dem Straffreiheit für gewaltfreie sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern gefordert worden war.
Das schrieben die Politologen Franz Walter und Stefan Klecha in einem Beitrag für die Tageszeitung „taz“. Trittin räumte dies als Fehler ein. Die CSU rief Trittin zum Rückzug auf.
Trittin habe als Stadtratskandidat in Göttingen damals das Programm der dortigen Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste (AGIL) offiziell verantwortet, das die fragliche Forderung vom Programm der jungen Bundes-Grünen und einer lokalen Gruppierung übernommen habe, so die Forscher. Trittin räumte am Montag in Berlin ein: „Dafür trage ich die Verantwortung, das sind auch meine Fehler, die ich bedauere.“
Trittin betonte, er sehe sich durch die Veröffentlichung nicht als Getriebener. „Wir sind nicht getrieben, wir treiben uns selber.“ Die Grünen selbst hätten Walter beauftragt, den Einfluss von Pädophilen aufzuklären. „Das ist unser Anspruch, mit dieser schlechten Geschichte der Grünen umzugehen.“
Er räumte ein, einen Fehler gemacht zu haben. Aber bis zu Walters Fund habe er sich an die fragliche Passage des Kommunalprogramms nicht mehr erinnert. Auf die Frage, ob er im Wahlkampf nicht hätte prüfen müssen, ob er irgendwann einmal solche Forderungen unterstützt habe, sagte er, es sei richtig, wenn Außenstehende die Vorgänge umfassend aufklärten. „Ich habe mehrfach gesagt, dass es in der Gründungsphase der Grünen falsche Forderungen gegeben hat.“ Es habe zu lange - bis 1989 - gedauert, bis diese korrigiert worden seien. Er wiederhole Walters Angebot an mögliche Opfer, sich bei dem Forscher zu melden.
Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte zu dem Vorgägen: „Das ist keine neue Lage für uns, das ist etwas, was wir kennen, von dem wir wissen.“
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte in Focus-Online: „Trittin muss seine Spitzenkandidatur ruhen lassen.“ Er sei Teil des
„Pädophilie-Kartells“ bei den Grünen gewesen, als Frontmann sei er untragbar. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, der Vorgang erschüttere die Glaubwürdigkeit der Grünen erheblich. Bedauern zu äußern, genüge in keiner Weise den Ansprüchen, die die Partei stets an andere gerichtet habe. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) warf Trittin im „Tagesspiegel“ blanken Hohn gegenüber allen Missbrauchs-Opfern vor.
Walter selbst hält Rücktrittsforderungen für unsinnig, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Er denke bei seiner Forschung zudem nicht darüber nach, welchem Politiker oder welcher Partei könnte etwas schaden oder nutzen. Die neuen Erkenntnisse habe er erst am Donnerstag erlangt. „Ich würde allen Parteien in der Frage raten, den Mund nicht zu weit aufzumachen.“ Es sei nicht nur ein Grünen-Problem. Auch in der Geschichte der FDP gab es entsprechende Forderungen, wie Walter bereits zuvor herausgefunden hatte.
Parteichef Cem Özdemir lobte Walter für seine Aufarbeitung: „Er macht es so, dass er keine Rücksicht nimmt, auch nicht auf einen Wahltag. Das ist richtig so.“ In der „taz“ warfen Walter und Klecha den Grünen aber auch vor, zu der Debatte zu wenig Stellung zu nehmen und stattdessen ratlos und gelähmt zu wirken.