Sommerpressekonferenz Trotz Unsions-Krach: Merkel hat nicht an Rücktritt gedacht

Berlin. „Ich klage nicht“, sagt die Kanzlerin. Dabei hätte Angela Merkel Gründe genug, Klagen gen Himmel zu schicken. Über den US-Präsidenten Donald Trump zum Beispiel, bekennender Deutschland-Gegner.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußert sich bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause in der Bundespressekonferenz zu aktuellen Themen der Innen- und Außenpolitik.

Foto: Wolfgang Kumm

Oder den russischen Macho-Staatschef Waldimir Putin. Nicht zu vergessen über ihren wildgewordenen Innenminister Horst Seehofer. Drei Männer, die der einen Frau in den letzten Monaten das politische und persönliche Leben schwergemacht haben wie nie. „Also, ich klage nicht“, wiederholt die 64-Jährige mit Nachdruck bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz.

Ohne Zweifel liegt ein extrem anstrengendes Jahr hinter der Kanzlerin und CDU-Chefin. Erst der Wahlkampf, dann die zähe Regierungsbildung mit dem Scheitern von Jamaika und der mühevoll gezimmerten großen Koalition. Schließlich der bis aufs Messer geführte Streit über die Flüchtlingspolitik mit Horst Seehofer — die vielen außen- und weltpolitischen Verwerfungen mal beiseitegelassen. Zwei Fragen liegen deshalb besonders nahe, die Merkel gestellt werden: Ob sie nicht erschöpft sei? Und ob sie auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Seehofer an Rücktritt gedacht habe? „Nein, nein, nein, nein.“ Viermal Nein.

Aufgeben passt nicht in Merkels Bild von Politik. Schon gar nicht wegen des CSU-Chefs. Außerdem, betont die Regierungschefin, habe sie dem Wähler vier volle Jahre im Amt versprochen. Was danach kommt, lässt die Kanzlerin offen. Jetzt freue sie sich, ein paar Tage Urlaub zu haben. Wen sie mitnehmen würde, wenn sie könnte - Trump, Putin oder Seehofer? „Urlaub ist Urlaub.“ Also bitteschön, nicht auch noch in Südtirol einen dieser Drei.

Es ist Merkels 23. Auftritt in der Bundespressekonferenz. Und er ist, neudeutsch gesagt, Merkel like. Sie hat zu jedem Thema eine Antwort parat, es geht quer durch den politischen Garten. Diesel-Krise, die Lage im Kosovo und in Ägypten, die sicheren Herkunftsstaaten, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das Ende des NSU-Prozesses. Das ist ja eine der Stärken der Kanzlerin. Inhaltlich ist sie fit. Freilich kann Merkel auch sehr uninspiriert antworten. Geht sie auf dem Zahnfleisch, ist das immer so. Dann kommen Sätze wie dieser: In den derzeit spannenden Zeiten „erfordert die politische Tätigkeit einer Bundeskanzlerin schon allerhöchste Aufmerksamkeit“. Gilt das nicht immer? Merkel ist erschöpfter, als sie zugeben will.

Einige Probleme lassen sich schließlich auch bei der Pressekonferenz nicht verhehlen. Zum einen ist ihre große Koalition seit vier Monaten im Amt, nur keiner merkt’s. Denn vieles, was das Kabinett bisher an Projekten auf den Weg gebracht hat, ist unter die Wahrnehmungsschwelle gerutscht wegen des vermaledeiten Flüchtlingsstreits in der Union. Das frustriert Merkel; das ist unüberhörbar. Sie sei „nicht vollkommen verwundert“, dass die Zufriedenheitswerte mit der Bundesregierung nicht rosig seien, räumt sie ein. Im Saal wird geschmunzelt.

Womit ein weiteres Problem der Kanzlerin benannt ist: die Auseinandersetzung mit Seehofer und der CSU ist zwar beigelegt, doch auch Merkel weiß, dass dies nur eine Momentaufnahme ist. Weil Seehofer in Berlin inzwischen als unberechenbar gilt, und weil die CSU mit Blick auf die Landtagswahlen im Oktober in Bayern mit dem Rücken zur Wand steht. Seehofer ist ohnehin ein Hauptthema während der Pressekonferenz. Habe sie sein Statement, nur wegen ihm Kanzlerin zu sein, nicht gewurmt? Merkel lässt die Frage unbeantwortet: „Es war eine harte Auseinandersetzung, wir haben einen Kompromiss gefunden, der die Handlungsfähigkeit der Regierung sicherstellt.“ Das allein sei entscheidend. „Die Tonalität war teils sehr schroff“, gesteht sie allerdings zu. Merkel wedelt allerdings bei diesem Thema so oft mit ihrer Richtlinienkompetenz, das es schon auffällt. Sie kennt ihren Horst, sie kennt ihre Bayern.

Für die CDU-Vorsitzende kommt noch etwas hinzu: Ihre Art, Politik zu machen, also stets moderierend nach Ausgleich zu suchen, wirkt in Zeiten der politischen Rabauken namens Trump, Putin oder Seehofer für manchen überholt. Merkel gibt sich an dieser Stelle aber standfest. Sie werde auch weiter auf Kompromisse setzen, die nun mal dauern könnten. Das sei ihre Überzeugung. „Zu tun ist jedenfalls genug. Das will ich deutlich mitteilen“, sagt sie noch. Gut zu wissen. Ab in den Urlaub.