Merkel begrüßt die „Mitte“ CSU-Politiker auf Distanz zu Seehofer

München/Berlin (dpa) - CSU-Chef Horst Seehofer gerät wegen seiner Linie in der Asylpolitik auch parteiintern zunehmend in die Kritik. Der CSU-Politiker Stephan Bloch warf dem Bundesinnenminister vor, mit Ideologie statt mit Inhalten Politik zu machen.

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Er sagte der „Rheinischen Post“: „Wir brauchen keinen Masterplan für die Asylpolitik, sondern einen Masterplan für die Zukunft.“ Bloch hatte vor kurzem die CDU/CSU-Plattform „Union der Mitte“ gegründet. Sein Mitstreiter und Parteifreund Josef Göppel kritisierte: „Im Streit um Asyl sind Parolen der AfD übernommen worden und in der Wortwahl wurde der bürgerliche Anstand verlassen.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Gründung der neuen Strömung in der Union. Dass es neben dem Kreis der Konservativen nun auch eine „Union der Mitte“ gebe, sei kein Beleg für eine Erosion der Schwesterparteien, sondern eher „Ausdruck von Lebendigkeit“, sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin. Die Gruppe, der bislang kein Spitzenpolitiker von CDU und CSU angehört, bildet ein Gegengewicht zu konservativen Plattformen wie dem „Berliner Kreis“ und der Werte-Union, die vor allem Merkels Flüchtlingspolitik ablehnen.

Berliner-Kreis-Mitglied Philipp Lengsfeld (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die „Union der Mitte“ sei aus seiner Sicht ein „links-liberaler“ Zusammenschluss. „Ich sehe das als innerparteilichen Wettbewerb“, fügte der ehemalige Bundestagsabgeordnete hinzu.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warf der CSU eine einseitige Haltung in der Flüchtlingspolitik vor. „In den letzten Monaten hat man aus der CSU im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik immer nur davon gehört, wie man Flüchtlinge von uns fernhalten kann“, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Tageszeitung „Die Welt“. „Davon, dass wir auch eine humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme haben, war wenig die Rede.“

Auch innerhalb der CSU, so Bedford-Strohm, sei „insbesondere aus kirchlich engagierten Kreisen zu Recht beklagt worden, dass in den vergangenen Monaten der Grundton in der öffentlichen Debatte verändert wurde, um Wähler der AfD zurückzugewinnen“. Dies aber habe sich für die CSU nicht nur als erfolglos erwiesen, „sondern war auch inhaltlich unangemessen“. Denn „die christlichen Grundorientierungen, die bei der CSU im Parteinamen stehen, beinhalten die Selbstverpflichtung, sich einer angemessenen Sprache zu bedienen“.

Der EKD-Ratsvorsitzende versicherte, auch er sehe „die Notwendigkeit zur Steuerung der Migration“. Aber diese entbinde „nicht von der Verantwortung für die Menschen, die sich in Not befinden“.

Seehofer will nun auf die zwei großen Kirchen zugehen. „Ich werde eine Initiative ergreifen, mit beiden Kirchen ins Gespräch zu kommen, um ihnen unsere Beweggründe zu erläutern“, sagte Seehofer dem „Münchner Merkur“. Er kritisierte, dass immer ein Gegensatz zwischen Humanität und Sicherheit hergestellt werde. „Aber Sie werden auf Dauer keine Humanität erhalten und sichern, wenn Sie keine Ordnung im Land haben und die einheimische Bevölkerung nicht schützen.“

Der CSU-Politiker Bloch vertrat die Ansicht, der von Seehofer vorgelegte „Masterplan Migration“ komme zu spät. „Ein Masterplan für die Flüchtlingspolitik wäre 2015 nötig gewesen. Nun werden die Probleme langsam kleiner“, sagte er der „Rheinischen Post“. Doch Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt setzten Ideologie an die Stelle von Inhalten.

Der CSU-Politiker Göppel, ebenfalls Mitglied der Initiative „Union der Mitte“, sagte dem Rundfunksender Bayern 2, nach 48 Jahren in der CSU sei sein Vertrauen in die Parteispitze im Streit über die Asylpolitik erstmals erschüttert worden. „Ich sehe darin eine Abkehr von der Gründungsidee der Union, dass sich christlich orientierte Menschen zusammenschließen.“ Ihm gehe es nicht nur um den Stil, sondern auch um Inhalte, betonte der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete. „Uns unterscheidet von der AfD nicht die Erkenntnis, dass nicht alle nach Deutschland kommen können, die hierher wollen, sondern die Behandlung dieser Menschen.“