Türkische Wahlkämpfer in Deutschland bleiben ein Zankapfel
Sollen türkische Politiker in Deutschland für Erdogans Verfassungsreferendum werben dürfen? Diese Frage sorgt weiter für Ärger - zwischen Ankara und Berlin, aber auch innerhalb Deutschlands.
Berlin/Düsseldorf. Im Konflikt um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland haben mehrere Landespolitiker eine klare Linie der Bundesregierung angemahnt. Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) sagte am Freitag im Düsseldorfer Landtag: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundeskanzlerin die Kommunen in dieser schwierigen Frage nicht so lange allein im Regen stehen lässt.“ Im Saarland forderte der Linksfraktions-Vorsitzende Oskar Lafontaine, Auftritte von türkischen Wahlkämpfern komplett zu verbieten.
In den vergangenen Tagen waren erneut mehrere Wahlkampf-Auftritte in Deutschland abgesagt worden. Am Freitag stoppte das niedersächsische Nordenham eine für Sonntag geplante Veranstaltung mit der türkischen AKP-Abgeordneten Sema Kirci.
Die Türken stimmen am 16. April über eine Verfassungsreform ab, die weitreichende Befugnisse für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vorsieht. Weil die in der Bundesrepublik lebenden Türken an dem Referendum teilnehmen dürfen, will Erdogans Partei AKP auch in Deutschland für das Vorhaben werben.
Die Absage solcher Auftritte belastet seit Wochen das deutsch-türkische Verhältnis. Die regierungsnahe türkische Zeitung „Günes“ bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Freitagsausgabe als „weiblichen Hitler“ und druckten sie auf der Titelseite mit SS-Uniform, Hakenkreuz und Hitler-Bärtchen ab.
Nach Ansicht von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Türkei mit derartigen Provokationen ein „Reiz-Reaktions-Schema“ auslösen. „Ziel ist es, die Türkei in eine Opferrolle und die Kritiker dazu zu bringen, der Verfassungsänderung zuzustimmen, weil sie sich mit der Türkei solidarisch erklären“, sagte de Maizière im saarländischen St. Wendel.
Der vor einem Jahr geschlossene Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei wird von der Bundesregierung trotz aller Auseinandersetzungen positiv gesehen. „Wir betrachten das als einen gemeinsamen Erfolg“, versicherte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. Das Sterben in der Ägäis und das Schlepperwesen seien deutlich zurückgegangen. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sieht den Deal mit der Türkei hingegen als Sinnbild einer verfehlten Abschottungspolitik: „Diese Politik zwingt Flüchtlinge auf immer gefährlichere Fluchtrouten und treibt sie damit in die Hände ebenjener Schlepperbanden, die sie vorgibt schwächen zu wollen.“ (dpa)