Umstrittenes Meldegesetz: Die Regierung rudert zurück
Schwarz-Gelb knickt nach massiven Protesten ein. NRW kündigt Blockade im Bundesrat an.
Düsseldorf/Wuppertal. Die Bundesregierung rückt von ihrem gerade beschlossenen Meldegesetz ab. Die Koalition, die den Gesetzesentwurf eingebracht hatte, habe zwar keinen Einfluss mehr auf das weitere parlamentarische Verfahren.
Sie hoffe aber, dass der Entwurf noch geändert werde und der Datenschutz darin mehr Raum erhalte, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.
Im September muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen. Mehrere Länder haben Widerstand angekündigt. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) will den Vermittlungsausschuss anrufen.
Die vom Bundestag bereits beschlossene Änderung bei den Melderegister-Auskünften widerspreche dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bemängelte Jäger.
Der Bundestag hatte beschlossen, dass Meldeämter Daten wie Namen und Anschrift an Unternehmen gegen Gebühr weitergeben dürfen. Dabei haben Bürger faktisch kaum eine Widerspruchsmöglichkeit.
Kritik war auch am Zustandekommen des Gesetzes laut geworden. Als es am 28. Juni beschlossen wurde, hatte bei der Fußball-EM gerade das Halbfinale zwischen Deutschland und Italien begonnen. Die Abstimmung im Plenum dauerte nur eine Minute.
Schon heute ist der Adresshandel für die Städte eine Einnahmequelle. Wuppertal gibt die Adressen seiner Einwohner an Rechtsanwälte, Versandhäuser und Unternehmen weiter. Nach Auskunft einer Stadtsprecherin hat die Stadt damit im vergangenen Jahr 500 000 Euro eingenommen. Ob die Daten kommerziell genutzt würden, sei nicht zu kontrollieren.
Düsseldorf gibt rund 250 000 Auskünfte im Jahr, die Hälfte davon ist kostenlos, weil sie an Städte und Behörden geht. Für alle anderen fließt schätzungsweise pro Jahr eine Million Euro in den Haushalt.
Mönchengladbach erteilt nach Angaben eines Sprechers lediglich Einzelauskünfte etwa an Anwälte oder Firmen. Jährlich gebe es bis zu 100 000 Anfragen. Macht rechnerisch 700 000 Euro für die marode Stadtkasse.