Uni Düsseldorf beschließt Plagiatsverfahren gegen Schavan

Düsseldorf (dpa) - Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) muss um ihren Doktortitel bangen: Die Universität Düsseldorf eröffnet offiziell ein Verfahren zum Entzug des vor mehr als 30 Jahren erworbenen Titels.

Nach mehrstündigen Beratungen beschloss der zuständige Rat der Philosophischen Fakultät am Dienstagabend, das Verfahren einzuleiten. Das kündigte der Ratsvorsitzende, Professor Bruno Bleckmann, an. Das Gremium folgte damit der Empfehlung der Promotionskommission, die als Vorinstanz die aus dem Jahr 1980 stammende Dissertation Schavans geprüft hatte.

Der Fakultätsrat habe in geheimer Abstimmung mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung für die Einleitung des Hauptverfahrens gestimmt, sagte Bleckmann. „Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass das Verfahren ergebnisoffen ist.“ Für den 5. Februar sei eine weitere Sitzung des Fakultätsrats angesetzt. Dann werde über die Fortsetzung des Verfahrens beraten.

Wenn die Universität Anzeichen für ein wissenschaftliches Fehlverhalten habe, müsse sie dem „konsequent und unabhängig von Person und Position“ nachgehen, sagte Bleckmann. Die Fakultät habe zu überprüfen, ob der Doktortitel seinerzeit zu Recht verliehen wurde. Dabei werde der Rat sowohl die vorinstanzliche Untersuchung der Promotionskommission als auch die Stellungnahme Schavans einbeziehen.

Rückendeckung bekam Schavan aus ihrem Heimatwahlkreis Ulm/Alb-Donau. Der dortige Kreisverband will auch nach dem Beschluss der Universität eine erneute Kandidatur Schavans für den Bundestag unterstützen. Ihre Nominierung soll am kommenden Freitag erfolgen. „Wir stehen voll und ganz zu der Kandidatin“, sagte Kreisverbandschef Paul Glökler.

Die Entscheidung des Fakultätsrates war begleitet von einem heftigen Wissenschaftsstreit über das Prüfverfahren der Uni und die Tragweite der angeblichen Zitierfehler Schavans. Schavan hatte 1980 als 25-Jährige mit der Arbeit „Person und Gewissen“ im Fach Erziehungswissenschaften den Doktortitel erworben. Die Dissertation war zugleich Schavans erster Studienabschluss, was damals noch möglich war.

Über die mögliche Entziehung des Doktorgrades wird nach dem Abschluss des Hauptverfahrens entschieden. Sollte der Rat für die Aberkennung stimmen, könnte Schavan innerhalb eines Monats vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen. Das Gremium kann ein Entziehungsverfahren aber auch ablehnen und die Untersuchung damit beenden.

Die Plagiatsvorwürfe waren Ende April 2012 auf einer Internetplattform erhoben worden. Schavan werden fehlende Quellennachweise, das Verschleiern geistigen Eigentums und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen. Die Ministerin und enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen Täuschungsversuch mehrmals zurückgewiesen.

Der Juraprofessor Gerhard Dannemann, der beim Plagiateportal VroniPlag mitarbeitet, sagte im Deutschlandfunk: „Diese Arbeit hätte nicht als Doktorarbeit angenommen werden dürfen. Es sind zu viele grobe Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis drin“, sagte er. Die Frage sei aber, ob angesichts „krasserer Fälle“ der Doktortitel aberkannt werden müsse. Er halte den Ausgang des Verfahrens für offen.

Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer sagte: „Es ist höchste Zeit, dass die Universität Düsseldorf endlich unabhängigen Expertenrat einholt.“ Im Hauptverfahren müsse auch die Kritik aus der Wissenschaft am bisherigen Vorgehen beachtet werden. Der SPD warf Kretschmer infame Einmischungsversuche vor. „Parteitaktische Drohungen schaden der Wissenschaft, aber auch dem Ansehen der Politik.“

Schavans angebliche Zitierfehler werden allgemein als weniger gravierend angesehen als die des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der längere Textpassagen aus fremder Feder übernommen und als sein geistiges Produkt ausgegeben hatte. In der Plagiatsaffäre um Guttenberg hatte sich Schavan 2011 von ihm distanziert: „Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich“, sagte sie damals in der „Süddeutschen Zeitung“.