Union gerät bei Vorratsdatenspeicherung unter Druck
Berlin (dpa) - Durch Die millionenfache Datensammlung des US-Geheimdienstes NSA hält Bürger und Politiker in Atem. Schwerer Stand für die Union, die die umstrittene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzen will.
So spricht sie lieber von „Mindestspeicherfrist“. Helfen tut es kaum.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, nach Bekanntwerden des US-Ausspähprogramms „Prism“ müsse die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung grundlegend geändert werden. Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt erklärte: „Der Skandal um die Datenspionage hat die Wählerinnen und Wähler extrem sensibilisiert.“
Im Zuge dieser Debatte trat der erbitterte Streit zwischen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) um die Umsetzung der EU-Richtlinie erneut zutage. Dabei handelt es sich um die anlasslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten zu Fahndungszwecken.
SPD und Grüne warfen der Union Wählertäuschung vor, weil sie in ihrem Wahlprogramm statt von Vorratsdatenspeicherung von Mindestspeicherfrist spreche. Dort heißt es: „Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten sind notwendig.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte aber der Deutschen Presse-Agentur: „Inhaltlich und substanziell gibt es keinen Unterschied. Er wies Medienberichte zurück, wonach die Union durch die Begriffsänderung nicht mehr an der Vorratsdatenspeicherung festhalte: „Das ist eine Ente.“
„Welt“ und „Spiegel Online“ hatten berichtet, als Reaktion auf „Prism“ hätten CDU und CSU die Forderung nach der Einführung der Vorratsdatenspeicherung noch schnell aus ihrem Wahlprogramm gestrichen. Dort steht allerdings: „CDU und CSU wollen daher eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzen.“ Gröhe sagte, die Union wähle bereits seit längerem nur einen anderen Begriff, weil Vorratsdatenspeicherung häufig missverstanden werde. Im Koalitionsvertrag von 2009 sprechen Union und FDP noch deutlich von Vorratsdatenspeicherung.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte der dpa: „Der Begriff Mindestspeicherfrist erklärt viel besser und präziser als Vorratsdatenspeicherung, um was es wirklich geht. Die Provider, nicht etwa der Staat, sollen für einen Mindestzeitraum von sechs Monaten die angefallenen Verbindungsdaten speichern.“ Friedrich betonte: „Es geht um die Speicherung der Verbindungsdaten: Wer hat wann mit wem kommuniziert. Das ist für eine wirkungsvolle Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität unabdingbar.“ Leutheusser- Schnarrenberger bekräftigte über eine Sprecherin ihre erheblichen rechtlichen Zweifel an der EU-Richtlinie.
Das Bundesverfassungsgericht hatte eine entsprechende Regelung 2010 gekippt. Seitdem streiten Union und FDP über die Neufassung. Die EU-Kommission hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil die Bundesregierung durch das Nein der FDP die entsprechende EU-Richtlinie nicht in nationales Recht übertragen hat. Einen Termin für ein mündliches Verfahren gibt es noch nicht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Deutschland sei nach wie vor verpflichtet, die Richtlinie umzusetzen. Es bestehe aber noch Abstimmungsbedarf zwischen dem Innen- und dem Justizministerium.