Verbraucherzentralen: Nachteile durch neue EU-Datenregeln

Berlin (dpa) - Die Verbraucherzentralen warnen vor einer Aufweichung der deutschen Datenschutzvorschriften durch neue EU-Regeln. Sie befürchten, dass es Firmen durch die EU-Datenschutzreform künftig leichter haben, persönliche Angaben etwa aus dem Internet ohne Einwilligung des Verbrauchers für sich nutzen.

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Damit wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. „Darum wäre Deutschland gut beraten, sich für ein hohes Datenschutzniveau auf europäischer Ebene einzusetzen. Das bewährte Niveau des Bundesdatenschutzgesetzes darf keinesfalls unterschritten werden.“

Im Kern geht es Deutschlands oberstem Verbraucherschützer um die Beibehaltung des sogenannten Zweckbindungsgrundsatzes, also des Prinzips, dass Daten nur für den Zweck verwendet werden dürfen, für den sie ursprünglich erfasst wurden. „Schwierig wird es immer dann, wenn Daten gesammelt und verknüpft werden“, erläuterte er.

Denn das kann laut Müller im schlimmsten Fall Konsequenzen „in Euro und Cent“ haben: zum Beispiel, wenn ein Seelsorger aus beruflichen Gründen im Internet zum Thema Schuldeninsolvenzverfahren recherchiert und auch auf Facebook entsprechende Kontakte pflegt - und ein potenzieller Kreditgeber daraus ein höheres Zahlungsausfallrisiko ableitet. Die Datenspuren, die jemand hinterlässt, könnten also Folgen haben für die Bedingungen, zu denen man einen Bankkredit bekommt, eine Versicherung abschließen oder online einkaufen kann.

Das Ganze habe natürlich auch Vorteile, etwa wenn den Kunden einer Online-Buchhandlung neue Titel nach ihren Präferenzen vorgeschlagen würden. „Aber das A und O ist, dass ich selber meine Einwilligung dazu erkläre und natürlich auch widerrufen kann“, sagte Müller.

Die EU-Staaten wollen die neuen Vorgaben im Juni auf den Weg bringen. Über die Reform der geltenden EU-Datenschutzregeln von 1995, ein Riesenprojekt, wird seit Jahren in Etappen verhandelt. Anschließend müssen sich die Staaten noch mit dem EU-Parlament einig werden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich im März zuversichtlich gezeigt, dass die deutschen Standards gewahrt bleiben. Müller hingegen befürchtet einen „Ausverkauf des Datenschutzes in Europa“. Alternativlos sei eine Regelung auf EU-Ebene allerdings - sonst könnten sich Unternehmen einfach das Land mit dem niedrigsten Datenschutzniveau als Geschäftssitz auswählen, zurzeit Irland.

In einer Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen waren neun von zehn Befragten (89 Prozent) dagegen, dass Unternehmen persönliche Daten aus dem Internet zu einem Profil zusammenführen, auswerten und für sich nutzen dürfen. Nur zehn Prozent glauben, dass die Bildung solcher Profile dem Verbraucher unterm Strich mehr Vor- als Nachteile bringen würde. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es immerhin 20 Prozent, bei den Befragten ab 60 nur sechs Prozent.

„Das kritische Bewusstsein und die Befürchtung der Verbraucher, durch die Profilbildung Nachteile zu erleben, ist ein eindeutiger Appell an die Politik zu handeln“, sagte Müller zu den Ergebnissen. „Verbraucher müssen einwilligen, dass ihre Daten erhoben und ausgewertet werden, und wir brauchen eine ganz strikte Zweckbindung.“