Verwandten-Affäre: „Vertrauen in Politik schwindet“
Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner zur Verwandten-Affäre in der bayrischen Politik und den möglichen Auswirkungen.
Berlin. Allenfalls eine kleine Delle im CSU-Landtagswahlergebnis sieht Klaus-Peter Schöppner (64) vom Meinungsforschungsinstitut Emnid als möglichen Schaden der aktuellen Affäre.
Herr Schöppner, wie gefährlich kann die Verwandten-Affäre für den Wahlkampf der CSU werden?
Klaus-Peter Schöppner: Alles, was mit Vetternwirtschaft und Selbstbedienung zu tun hat, birgt immer großen Sprengstoff. Allerdings ist es hier wohl so, dass diese Affäre zwar vornehmlich die CSU betrifft, aber mit Ausnahme der FDP in geringerem Umfang auch alle anderen Parteien. Deren Hinweis, dass das, was sie gemacht haben, ja nicht ganz so schlimm und umfangreich war, wird wohl nicht verfangen.
Aber stellt nicht die Tatsache, dass bei der CSU auch sechs Kabinettsmitglieder betroffen sind, doch eine andere Qualität dar?
Schöppner: Sicher ist die Sache für die CSU unangenehmer als für die anderen Parteien. Andererseits wissen die Wähler auch, dass die geringere Zahl der Fälle bei der Opposition einfach daran liegt, dass die weniger Gelegenheit haben. Dort gibt es eben weniger Abgeordnete und gar keine Minister oder Staatssekretäre. Ich glaube, dass die Affäre ehe dem Vertrauen in das politische System insgesamt schadet und die Parteiverdrossenheit befördert. Diese Affäre wird CSU-Anhänger eher ins Nichtwählerlager treiben als zu SPD, Grünen oder Freien Wählern.
Hat Ministerpräsident Horst Seehofer richtig reagiert mit der schnellen Offenlegung aller Fälle und klaren Distanzierung?
Schöppner: Auf jeden Fall. Er hat versucht, sofort klare Kante zu zeigen. Das war die einzig richtige Antwort.
Hat die CSU auch Glück im Unglück gehabt, dass die Affäre so früh vor der Wahl im September hochkam?
Schöppner: Ja. Wir erleben ja ständig, wie schnell sich die politischen Themen verändern. Fünf Monate sind eine lange Zeit. Insofern ist der frühe Zeitpunkt für die CSU noch günstig. Die CSU hat eine hohe Grundunterstützung bei den Wählern und liegt in allen wichtigen Kompetenzfeldern vorn. Die Bayern wollen ihre gute wirtschaftliche Lage gewahrt wissen. Die Alternative, wahrscheinlich ein Bündnis aus drei Oppositionsparteien, ist da für sie weniger attraktiv. Das alles kommt zum Tragen, wenn es keine kurzfristigen Irritationen wie einen solchen Skandal gibt oder wenn der bis dahin ausgestanden ist.
Dann kann sich ja auch Angela Merkel freuen.
Schöppner: Ein gutes CSU-Wahlergebnis ist natürlich sehr wichtig für die Union insgesamt, denn Bayern stellt zehn Prozent der Wähler. Aber ich sehe bei dieser Affäre, wenn überhaupt, Auswirkungen auf die Landtagswahl. Vielleicht bleibt für die CSU eine kleine Delle, ein Warnschuss. Die Bundestagswahl eine Woche später wird nach anderen Kriterien entschieden.