Viele Deutsche haben Angst vor Altersarmut
Berlin (dpa) - Viele Menschen in Deutschland haben trotz der bevorstehenden Rekorderhöhung der Rente Angst vor Altersarmut. Das zeigen neue Umfragen. Insofern trifft die Politik mit ihren Rufen nach umfassenden Rentenreformen einen Nerv der Bevölkerung.
Allerdings ist die Furcht vor Altersarmut in den vergangenen Jahren nicht gewachsen.
Die Mehrheit der Bürger, die noch nicht Rentner oder Pensionäre sind, fühlt sich laut ARD-Deutschlandtrend nicht genügend für das Alter abgesichert. 57 Prozent der 1011 Befragten äußerten sich in der Infratest-dimap-Erhebung entsprechend. 39 Prozent gehen davon aus, dass ihre Absicherung für das Rentenalter ausreicht.
Je jünger die Menschen sind, desto größer ist demnach die Furcht vor Altersarmut. Bei den 18- bis 34-Jährigen sehen sich 62 Prozent nicht ausreichend abgesichert. Laut der am Freitag veröffentlichten Umfrage glauben zwei Drittel (67 Prozent) der Bürger nicht, dass die schwarz-rote Koalition eine mögliche Altersarmut verhindern kann. Lediglich gut ein Viertel vertrauen der Regierung bei dem Thema.
Eine am Vortag veröffentlichte TNS-Infratest-Umfrage im Auftrag des Versorgungswerks MetallRente zeigt aber: Die Angst, im Alter arm zu sein, ist vor allem bei jungen Frauen gesunken. 2016 gaben 61 Prozent an, davor Angst zu haben. Fünf Jahren zuvor waren es noch 71 Prozent. Bei den jungen Männern ist der Wert um einen Punkt auf 50 Prozent gesunken.
Tatsächlich geht nach einer Rekorderhöhung für die Rentner in diesem Sommer das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahren zurück. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte angekündigt, das verhindern zu wollen. Zwar haben Millionen Menschen anders vorgesorgt: Es gibt 16 Millionen Riesterverträge und 15 Millionen Zusagen auf Betriebsrenten. Doch viele Betroffene bekommen dabei nur vergleichsweise wenig heraus.
So geht MetallRente-Geschäftsführer Heribert Karch davon aus, dass nur fünf Millionen Riestersparer so ihre Lücke bei der gesetzlichen Rente ausgleichen können. Bei der Betriebsrente sehe das Bild kaum besser aus.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert, dass die Riester-Förderung jetzt ausläuft, wie Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der „Berliner Zeitung“ (Freitag) sagte. Die Rentenbeiträge von derzeit 18,7 Prozent sollten schneller als bisher vorgesehen angehoben werden.
Weiter in der Kritik ist die Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einer Koppelung des Rentenalters an der steigende Lebenserwartung. „Die Debatte mag sachlich richtig sein, aber sie kommt viel zu früh“, sagte der Vorsitzende der Unions-Wirtschaftsvereinigung (MIT), Carsten Linnemann (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. Aber: „Jetzt über die Rente mit 70 zu reden, sorgt nur für Verunsicherung und Skepsis.“ Auch der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, CDA-Chef Karl-Josef Laumann (CDU), wies die Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit zurück, wie er der „Rheinischen Post“ sagte.
Linnemann forderte, die Politik müsse gegen Ängste in der Bevölkerung vor einem wirtschaftlichen Abstieg vorgehen. „Mit ihrem Kreuz für die AfD äußern sie ihren Verdruss über die Politik der etablierten Parteien.“