Analyse Von der Leyen will ins All und rüstet für den Cyber-Krieg

Das Verteidigungsministerium legt ein „Fähigkeitsprofil“ für die nahe Zukunft vor und verlangt drastisch mehr Geld.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen informiert sich in der Marinetechnikschule(MTS) in Parow bei Stralsund über eine Kanone. Die Waffenanlage127 Millimeter ist auf den Fregatten der Klasse F125 verbaut. Foto: dpa

Foto: Stefan Sauer

Berlin. Was bisher nur in groben Zügen durchgesickert war, wurde gestern um 15.08 Uhr offiziell bestätigt. Da verbreitete das Verteidigungsministerium eine Pressemitteilung über das künftige „Fähigkeitsprofil“ der Bundeswehr. Darin versteckt ist die Forderung nach einer kräftigen Erhöhung des Wehretats von derzeit rund 43 Milliarden Euro im Jahr auf 60 Milliarden schon bis 2024. Streit in der großen Koalition ist damit programmiert.

Angedeutet hatte Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) die wesentlichsten Elemente der neuen Militärplanung bereits seit Monaten. Etwa mit der „Konzeption der Bundeswehr“, die im Mai vorgelegt wurde und erstmals vorsah, Landes- und Bündnisverteidigung wieder gleichrangig mit Auslandseinsätzen zu behandeln. Konsequenz ist die Aufrüstung vor allem beim Heer, das nach dem Ende des Kalten Krieges massiv abgerüstet worden war.

Davor gab es 2016 das „Weißbuch“ zur Sicherheitspolitik, das die neuen Bedrohungslagen analysierte. Unter anderem aus Russland, aber auch durch asymmetrische Kriege und im Cyberraum.

Aus all dem erstellte Generalinspekteur Eberhard Zorn jetzt ein detailliertes Fähigkeitsprofil für die nächste Zukunft. Es ist bei der Datenschutzstelle des Bundestages hinterlegt und als geheim eingestuft. Eckpunkte aber teilte von der Leyen gestern mit. 198 000 Soldaten und 61 000 zivile Mitarbeiter sollen die Grundausstattung sein, nur wenig mehr als heute. Sie sollen alles leisten, von der Landesverteidigung bis zum Heimatschutz.

Zudem werden daraus flexibel sogenannte „Missionspakete“ zusammengestellt, zum Beispiel für Auslandseinsätze. Neu ist, dass bis 2032 schrittweise alle drei Heeresdivisionen komplett ausgestattet sein sollen. Bisher leihen sie sich Material noch gegenseitig aus, sie sind im Fachjargon „hohl“. Der Ausstattungsgrad mit den großen Waffensystemen liegt bei maximal 70 Prozent, bei Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Kriegsschiffen teilweise deutlich darunter. Das soll laut Pressemitteilung aufgefüllt werden, was erheblichen Mehrbedarf an Gerät bedeutet.

Bis 2023 soll die erste Brigade voll ausgestattet sein, als Teil der Nato-Speerspitze VJTF, teilte von der Leyen mit. Vier Jahre später sollen drei, 2032 alle acht Brigaden in der Lage sein, das gesamte Aufgabenspektrum der Landstreitkräfte abzudecken. Hinzu kommen vier große Einsatzverbände der Luftwaffe und 25 Kampfschiffe plus acht U-Boote.

Schon im Aufbau ist eine Cyberdivision. Komplett neu wären Aktivitäten im Weltall. So stehen Satelliten zur Früherkennung von Raketenstarts auf dem Wunschzettel der Militärplaner. Auch Radar, um Satelliten aufzuklären. Dahinter steht offenbar die Sorge, dass die Vereinigten Staaten künftig kein so zuverlässiger Partner in diesen Dingen mehr sein könnten.

Der Haushaltsgesetzgeber habe damit „ein sehr transparentes Gesamtbild über die Bedarfe der Bundeswehr, das weit in die Zukunft blickten lässt“, erklärte die Ministerin. Von der Leyen selbst blickte nur bis 2024 und nannte 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes als Ziel für ihren Etat. Das wären dann voraussichtlich 60 Milliarden Euro. Die Forderung von US-Präsident Donald Trump, zwei Prozent aufzuwenden, wäre damit freilich aber immer noch nicht