Führungsduo wird bekanntgegeben Das Finale bei der Selbstfindung der SPD

Berlin. · Die SPD gibt das Ergebnis der Mitgliederbefragung für den Vorsitz bekannt – die Union wappnet sich.

Nun entscheidet sich, welches Kandidaten-Duo die SPD führen wird: Olaf Scholz (l-r), Bundesminister der Finanzen, mit Klara Geywitz oder Norbert Walter-Borjans mit Saskia Esken.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken? Oder Olaf Scholz und Klara Geywitz? Raus aus der Groko oder drinbleiben? Ein halbes Jahr lang war die SPD in Selbstfindung versunken. Nun kommt das Finale: An diesem Sonnabend gegen 18 Uhr wird im Berliner Willy-Brandt-Haus das Ergebnis bekannt gegeben, welches Spitzenduo die Partei aus dem Jammertal führen soll. Eine klare Tendenz war bis zum Schluss nicht erkennbar. Der Koalitionspartner Union wappnet sich für alle Eventualitäten.

Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer appellierte noch einmal eindringlich: „Wir wollen, dass jedes Mitglied eine informierte Entscheidung treffen kann und seine Stimme abgibt.“ So steht es in einer Mail, die in dieser Woche an die Genossen verschickt wurde. Bis letzte Nacht um null Uhr war Zeit, der Aufforderung zu folgen. Gut 30 Prozent der insgesamt 425 630 Parteimitglieder hatten sich für eine Online-Abstimmung registrieren lassen. Den anderen stand der Postweg offen, wobei sogar das Briefporto von der Partei übernommen wurde. Gute Voraussetzungen also für eine hohe Beteiligung.

In der ersten Wahl-Runde, bei der noch sechs Bewerberduos im Rennen waren, hatte nur die Hälfte der Parteimitglieder mitgemacht. Und auch die Resultate für die beiden bestplatzierten Teams fielen dürftig aus. Olaf Scholz (61), Vizekanzler, Finanzminister und damit der prominenteste Kandidat, kam zusammen mit der brandenburgischen Ex-Landtagsabgeordneten Klara Geywitz (43) auf 22,68 Prozent der Stimmen. Dicht gefolgt von Ex-NRW-Finanzmister Norbert Walter-Borjans (67) und der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken (58), die 21,04 Prozent erreichten. Bei dieser Ausgangslage ist die Befürchtung groß, dass die Sieger des Finales es mit einer gespaltenen Partei zu tun bekommen könnten. Davon zeugt auch ein bereits veröffentlichter Aufruf der kommissarischen Parteiführung an alle Genossen, sich mit der künftigen SPD-Spitze „solidarisch“ zu zeigen.

Zuletzt war der Ton giftiger geworden. Insbesondere Saskia Esken, Parteilinke und erklärte Gegnerin der Agenda 2010, ging Scholz frontal an: Der nehme „doch schon den Kompromiss vorweg und schwächt die SPD“. Tatsächlich stehen Scholz und Geywitz klar für eine Fortsetzung der großen Koalition. Entsprechend ist auch ihr Unterstützerkreis: Vor allem Sozialdemokraten in Regierungsverantwortung wie etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil legten sich für die Beiden ins Zeug. Derweil stellen Esken und Walter-Borjans das schwarz-rote Bündnis mehr oder minder stark in Frage, was vor allem bei den Jusos und deren Chef, Kevin Kühnert, gut ankam.

Union stellt sich auf noch rauere Zeiten in der Koalition ein

Am Ende muss das neue Führungsduo noch von einem Parteitag bestätigt werden. Der findet in einer Woche in Berlin statt und wird sich auch mit dem Für und Wider der Groko beschäftigen. Falls Esken und Walter-Borjans gewinnen, werden sie zumindest auf ein „Update des Koalitionsvertrages“ pochen. Im Klartext: Die Union soll dann weitere sozialdemokratische Kröten wie zum Beispiel eine deutliche Anhebung des Mindestlohns schlucken.

Doch das lehnen CDU und CSU bereits vehement ab. Es gebe keinen Grund, „den Koalitionsvertrag neu zu verhandeln“, stellte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer jüngst im Gespräch mit unserer Redaktion klar. „Er ist die Grundlage, auf der wir weiterarbeiten.“ Ähnlich deutlich äußerte sich in dieser Woche auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auf veränderte Anforderungen wie beim Klimapaket zu reagieren, sei in Ordnung. Aber die SPD dürfe nicht auch noch Profit aus einer Lage ziehen, „in die sie sich selbst gebracht hat“. Gleichwohl stellen sich viele bei der Union darauf ein, dass der Koalition noch rauere Zeiten bevorstehen könnten.