Vorstoß für höhere Steuern hat kaum Erfolgsaussichten
Berlin (dpa) - Der Vorschlag des CDU-Haushaltsexperten Norbert Barthle zur höheren Besteuerung von Besserverdienenden hat kaum Aussicht auf Erfolg. Die Idee, auf diese Weise eine Steuerreform zu finanzieren, stößt nicht nur in FDP und CSU, sondern auch in der eigenen Parteispitze auf Ablehnung.
SPD-Chef Sigmar Gabriel bot hingegen seine Kooperation an. Die CDU-Führung ist nach dpa-Informationen dagegen wenig erfreut über den Vorstoß. CSU-Chef Horst Seehofer mahnte im „Spiegel“ ebenfalls: „Hände weg von der Diskussion über eine Gegenfinanzierung für Steuererleichterungen.“ Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hält Aufschwung und Steuereinnahmen für ausreichend stabil, um sowohl die Verschuldung abzubauen als auch die Bürger steuerlich zu entlasten.
In der CDU-Parteizentrale hieß es am Samstag zu Barthles Vorstoß, jetzt sei nicht die Stunde für Steuertarif-Diskussionen. Die Koalition werde wie vereinbart im Herbst einen abgestimmten Vorschlag zu den vereinbarten Steuerentlastungen ab 2013 vorlegen.
Barthle verteidigte seine Pläne. „Es geht mir nicht darum, die FDP zu ärgern, sondern ich will ihr helfen“, sagte er dem Magazin „Focus“. Er suche nach einer Gegenfinanzierung für die von den Liberalen geforderte Entlastung. Barthle hatte einen zusätzlichen höheren Steuersatz für Gutverdiener mit Jahreseinkommen von 100 000 Euro bis 250 000 Euro vorgeschlagen.
Aus Sicht von Wirtschaftsminister Rösler würden sich Steuersenkungen selbst finanzieren. „Wenn man Steuern senkt, dann gibt man den Menschen etwas zurück, die das Wachstum erarbeitet haben, spornt sie an“, argumentierte er im „Tagesspiegel am Sonntag“. Gleichzeitig setze man Leistungsanreize des Einzelnen für die Zukunft und erhöhe damit die volkswirtschaftliche Leistung. „Wer glaubt, dass man mehr Steuereinnahmen nur durch immer höhere Steuersätze erzielt, der glaubt auch, dass er mehr Umsatz macht, wenn er die Preise immer weiter erhöht.“
Die designierte saarländische CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer unterstützte Barthle. „Das ist ein interessanter Vorschlag. Es wäre die Gegenfinanzierung der Steuerreform innerhalb des Systems, ohne Länderbelastung“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Frankfurter Rundschau“ („FR“/Samstag). „Und in der Bevölkerung würde es sicher auf breitere Akzeptanz stoßen.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der „Bild am Sonntag“: „Wenn die Koalition aus Union und FDP sich dazu durchringt, die Steuern für Spitzenverdiener zu erhöhen, um damit Entlastungen der unteren Einkommen zum Beispiel durch die Senkung von Sozialabgaben zu finanzieren, ist die SPD sofort verhandlungsbereit.“
Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) riet der Schwesterpartei CDU, „die Wahlversprechen der Union nicht infrage zu stellen“. Dank prognostizierter Steuermehreinnahmen von 50 Milliarden Euro im Jahr 2013 sei eine Debatte über Steuererhöhungen verkehrt und das falsche Signal, sagte er der „FR“. Auch der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, warnte am Sonntag, wer jetzt Steuererhöhungen fordere, beschädige die Glaubwürdigkeit der Union und der bürgerlichen Koalition insgesamt.
Die Wirtschaft forderte die Koalition auf, sich auf die Bewältigung der Euro-Schuldenkrise zu konzentrieren. „Man muss von dieser Steuersenkungsdebatte wegkommen. Es gibt derzeit andere Prioritäten“, sagte der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, der dpa.