Parteien Wahlumfragen: Jetzt schießt die Union wieder nach oben

Kurz vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen spielen die Umfragezahlen scheinbar verrückt. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Forschungsinstituten.

Unberechenbarer Wähler - Umfragen tun sich derzeit schwer. (Symbolbild)

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Berlin. Kurz vor den beiden wichtigen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen spielen die Umfragezahlen scheinbar verrückt. Vor allem zugunsten der Union gibt es teilweise erhebliche Ausschläge. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Forschungsinstituten so groß wie selten. Fast jeder Wahlausgang, vor allem jede Koalition scheint derzeit möglich.

Die jüngste „Sensation“ gab es am Donnerstag. Da vermeldete die Forschungsgruppe Wahlen, dass die CDU in Schleswig-Holstein, wo übernächsten Sonntag gewählt wird, mit 32 Prozent erstmals in diesem Jahr vor der SPD liege, die demnach nur noch auf 30 Prozent käme. Es ist die erste Umfrage im Jahr 2017, die ein solches Ergebnis zeigt. Wenn es so käme, könnte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) seine „Küstenkoalition“ mit den Grünen und dem Südschleswigschem Wählerverband nicht weiterführen, sondern müsste auf eine Ampel mit der FDP und den Grünen setzen — oder Juniorpartner in einer Großen Koalition unter dem bisher weithin unbekannten CDU-Spitzenkandidaten Daniel Günther werden.

In allen Umfragen davor hatte die SPD noch einen Vorsprung von zwei bis sechs Prozentpunkten vor der Union gehabt. Wirkt sich hier regional das Ende des Schulz-Effektes aus? Die Union liegt bundesweit nämlich wieder mit 36 Prozent deutlich vor den Sozialdemokraten, die allerdings mit 31 Prozent immer noch weit höher punkten als vor der Schulz-Ära.

Die jüngste Entwicklung in Nordrhein-Westfalen ist damit jedoch kaum zu erklären ist. Dort lag die SPD bisher in allen Umfragen dieses Jahres mit einem klaren Abstand von sieben bis 14 Prozentpunkten vor der Union. Vergangenen Freitag noch hatte der Spiegel-Wahltrend einen zehnprozentigen Vorsprung vermeldet.

Am letzten Sonntag aber veröffentlichte Infratest Dimap plötzlich einen Gleichstand, 34 zu 34 Prozent. Und damit eine Chance für CDU-Herausforderer Armin Laschet (CDU), in einer Großen Koalition die SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft abzulösen. Oder eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen zu bilden. Die Grünen schlossen derlei am Dienstag deshalb sofort aus. Zwei Tage später berichtete das Institut YouGov allerdings wieder, die SPD liege mit 36 zu 27 vor der Union. Wem soll man glauben?

„Ich nehme Umfragen überhaupt nicht mehr ernst“, sagt im Vertrauen ein Generalsekretär, dessen Partei von den Schwankungen weniger betroffen ist. Man müsse sich mehr auf die wirkliche Stimmung an den Wahlkampfständen verlassen als auf die Zahlen. Er verweist auch darauf, dass YouGov seine letzte Umfrage nachträglich korrigierte und Grünen und Piraten kurzerhand jeweils einen Prozentpunkt dazugab, um auf 100 Prozent zu kommen. Zwischen den Umfrageinstituten gibt es ohnehin große methodische Unterschiede. So ermitteln YouGov und auch der Spiegel-Wahltrend ihre Daten online, die anderen per Telefon.

Ein Instituts-Chef erklärt sich die aktuelle Bewegung mit dem Verhalten der Unionswähler. Viele von ihnen seien nach der Nominierung Martin Schulz‘ zum Kanzlerkandidaten zwar nicht direkt zur SPD übergelaufen, sondern ins Lager der Nichtwähler. Seit der Saarland-Wahl, als sich herausstellte, dass der Schulz-Effekt doch nicht so stark wirkt wie gedacht, seien sie nun wieder zurück.

Der Experte verweist allerdings auch auf den Amtsbonus, der im Saarland noch zugunsten von CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gewirkt hatte. Vor allem Unentschlossene lassen sich davon leiten. Bei den beiden bevorstehenden Urnengängen könnte sich das in letzter Minute zugunsten der SPD auswirken.