Interview Waldbesitzerverbände fordern milliardenschwere Hilfen für die Forstbesitzer
Berlin · Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände, Hans-Georg von der Marwitz (CDU), fordert milliardenschwere Hilfen für die Forstbesitzer.
Angesichts der Trockenheit befände sich der Wald in Deutschland in einem dramatischen Zustand, so von der Marwitz im Gespräch mit unserer Redaktion.
F: Herr von der Marwitz, erleben wir derzeit ein neues Waldsterben?
A: Ich bin mit dem Begriff vorsichtig. Ich würde sagen: Ja, es sterben viele Bäume, vor allem auch alte. Und es ist dramatisch, was wir derzeit erleben. Der Wald präsentiert sich in weiten Teilen Deutschlands so, dass selbst dem Laien ersichtlich ist, da stimmt etwas nicht. Es gibt fast keine Baumart mehr, die dem Trockenstress noch gewachsen ist.
F: Welche Folgen hat das?
A: Der Wald ist ein Multitalent. Er hat viele Funktionen - zuallererst als CO2-Senker. Aber von ihm lebt auch ein ganzer Industriezweig mit 1,1 Millionen Beschäftigten in der Holzwirtschaft. Wenn sich der Wald also großflächig verabschiedet, hat das enorme Folgen. Insofern muss alles daran gesetzt werden, die Entwicklung einzudämmen.
F: Landwirtschaftsministerin Klöckner will einen Masterplan auflegen und im September einen Waldgipfel veranstalten. Was muss schnell getan werden?
A: 2018 sind durch Stürme und Trockenheit immense Schäden angefallen. In diesem Jahr wiederholt sich die Trockenheit, hinzukommt eine Käferinvasion. Der Wald ist voll von Schadholz, das muss raus. Nach unseren Berechnungen sind bisher rund 70 Millionen Festmeter angefallen – und einiges kommt noch dazu in diesem Jahr. Das Schadholz zu entfernen, ist die wichtigste Voraussetzung, um auch aufforsten zu können. Und zwar im großen Stil. Land- und Forstwirte, vor allem die Kleinstwaldbesitzer sind gar nicht in der Lage, dies allein zu stemmen.
F: Lässt sich denn mit Holz derzeit noch Geld verdienen?
A: Der Markt liegt vollkommen am Boden. Momentan bekommt man teilweise keine 40 Euro mehr für den Festmeter, weil Holz so gut wie unverkäuflich ist. Außerdem kostet die Aufarbeitung eines Festmeters Schadholz zwischen 25 und 30 Euro. Im Ergebnis erhält der Waldeigentümer also fast nichts für sein Holz. Deswegen brauchen die Forstbesitzer auch finanzielle Hilfen.
F: Klöckner hat eine halbe Milliarde Euro ins Spiel gebracht. Reicht das?
A: Das wird nicht reichen. Allein die Aufarbeitungskosten des Holzes, das im Wald liegt, betragen über zwei Milliarden Euro. Dann kommen noch die Wiederaufforstungs-Maßnahmen hinzu. Klöckner selbst spricht von 110.000 Hektar. Da läuft dann eine Summe von mindestens 600 Millionen Euro auf. Ich bin in den letzten Wochen durch sieben Bundesländer gefahren und habe mir einen Überblick verschafft. Da kommt noch einiges auf uns zu.
F: Hätten die Waldbesitzer nicht mehr auf klimaresistente Baumarten setzen müssen?
A: Das ist doch eine fadenscheinige Diskussion. Nach dem Krieg hat die Gesellschaft schnell wachsendes Holz gefordert für den Wiederaufbau. Jetzt wird uns vorgeworfen, wir hätten nicht auf den Klimawandel reagiert. Das stimmt nicht. Der Wald braucht seine Zeit. Man kann nicht sofort umschwenken. Was wir heute anpflanzen, ernten frühestens unsere Enkel und Urenkel. Und ich bin bei meiner Reise durch die Bundesländer schwerpunktmäßig nur durch Mischwälder gekommen. Es ist falsch, dass wir in Deutschland nur noch Plantagenwald haben.