Amnesty-Bericht Weniger Hinrichtungen - Mehr Todesurteile
Berlin (dpa) - Amnesty International hat im vergangenen Jahr ein Drittel weniger Hinrichtungen als im Vorjahr, aber auch eine drastische Zunahme der Todesurteile erfasst. In ihrem Jahresbericht zählt die Menschenrechtsorganisation 1031 Exekutionen in 19 Ländern.
Die Zahl der Todesurteile stieg gleichzeitig um mehr als die Hälfte auf 3117 in 55 Ländern. Nicht erfasst wurden die Hinrichtungen in China, die Amnesty auf mehrere tausend schätzt - mehr als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. Die chinesische Führung behandelt die Todesstrafe wie auch Nordkorea, Südsudan und Vietnam als Staatsgeheimnis.
87 Prozent der gezählten Exekutionen fanden im Iran (567), in Saudi-Arabien (154), im Irak (88) und in Pakistan (87) statt. Zum ersten Mal seit 2006 sind die USA nicht unter den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtungen. Die Zahl der Exekutionen in den Vereinigten Staaten sank um 29 Prozent auf 20 und damit auf den niedrigsten Stand seit 1991.
Amnesty führt die Entwicklung auf Probleme bei der Beschaffung von Chemikalien für Hinrichtungen durch die Giftspritze zurück. „Die Behörden finden keinen Hersteller mehr, der ihnen das Gift liefert“, sagt Amnesty-Experte Alexander Bojcevic. In Arkansas sollen wegen der Knappheit der Todesmittel ab Ostermontag sieben Verurteilte innerhalb von elf Tagen hingerichtet werden. Die Haltbarkeit der verbleibenden Giftvorräte läuft am 1. Mai ab.
Allerdings ist auch die Zahl der Todesurteile in den USA drastisch gesunken. 2016 waren es nur noch 30 in 13 Bundesstaaten - so wenige wie seit 1977 nicht mehr. Mitte der 1990er Jahre waren es noch mehr als 300.
Der Anstieg bei den Todesurteilen weltweit ist auf einzelne afrikanische Länder zurückzuführen. In Nigeria verdreifachte sich die Zahl der Urteile, aber auch in Kamerun, Sambia und Somalia registrierte Amnesty einen Anstieg.
Mit dem Südsee-Staat Nauru und dem afrikanischen Benin schafften 2016 zwei weitere Länder die Todesstrafe ab. Damit stieg die Zahl der Länder ohne Todesstrafe auf 141 - also mehr als zwei Drittel aller Länder. Die Philippinen und die Malediven unternahmen Schritte zur Wiedereinführung beziehungsweise Wiederanwendung der Todesstrafe.
Zu den Hinrichtungsmethoden zählen neben der Giftspritze (China, USA, Vietnam), das Enthaupten (Saudi-Arabien), Erhängen (u.a. Afghanistan, Ägypten, Iran, Japan, Singapur) und Erschießen (u.a. Weißrussland, China Saudi-Arabien, Taiwan).