Westerwelle fordert von Türkei religiöse Toleranz

Istanbul (dpa) - Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die Türkei zu religiöser Toleranz aufgerufen. Als erster europäischer Außenminister besuchte er am Samstag das von der türkischen Regierung geschlossene Priesterseminar auf der Heybeli-Insel vor Istanbul und forderte dessen Wiedereröffnung.

Die orthodoxe theologische Hochschule sei ein großes Erbe der Kultur, sagte Westerwelle. „Religiöse Vielfalt gehört zu unserem europäischen Leben selbstverständlich dazu“, sagte Westerwelle. Er hoffe, dass die Bücher in der Bibliothek bald wieder von jungen Menschen gelesen werden könnten. Sein Besuch solle Zeichen persönlicher Solidarität und Ermutigung sein.

Die türkische Regierung hatte das Priesterseminar auf der Insel im Marmarameer vor mehr als 30 Jahren geschlossen. Trotz langer Verhandlungen konnte bisher keine Öffnung erreicht werden. Die theologische Hochschule ist für den Nachwuchs und den Fortbestand der griechisch-orthodoxen Kirche entscheidend.

Die griechischstämmige Minderheit in der Türkei ist in den vergangenen 50 Jahren von etwa 120 000 auf nun rund 3000 Personen geschrumpft. Das griechisch-orthodoxe Patriarchat hat Nachwuchssorgen, denn der Patriarch muss türkischer Staatsbürger sein. So verlangt es Ankara. Appelle zur Öffnung hat die türkische Regierung bisher nicht erhört, auch wenn immer mal wieder Hoffnungsschimmer aufblitzen.

Im vergangenen Jahr haben die türkischen Behörden dem orthodoxen Patriarchat aber erstmals eine der enteigneten großen Immobilien zurückgegeben, ein ehemaliges Waisenhauses mit großem Grundstück auf der Insel Büyükada im Marmarameer. Das Gebäude gilt als größtes Holzhaus in Europa und ist stark verfallen. Nach einer Restaurierung solle dort ein Umweltinstitut eingerichtet werden, berichteten türkische Medien.