Wird bei Arbeitnehmer-Datenschutz nachgebessert?
Berlin (dpa) - Videoüberwachung am Schreibtisch, Mithören am Telefon: Die Koalitionspläne zum Arbeitnehmerdatenschutz lösten heftige Proteste aus. Union und FDP ziehen nun die Konsequenz: Das Vorhaben liegt vorerst auf Eis.
Schwarz-Gelb will sein umstrittenes Vorhaben zum Arbeitnehmerdatenschutz überarbeiten. Union und FDP setzten die für diesen Freitag geplante Verabschiedung im Bundestag von der Tagesordnung ab. Sie wollen noch einmal mit den Beteiligten über die Ausgestaltung reden. Der DGB verbuchte den Rückzieher als Erfolg. Die Opposition verlangte einen endgültigen Abschied von den Plänen.
Das bisherige Vorhaben von Union und FDP sieht unter anderem ein Verbot der heimlichen Videoüberwachung am Arbeitsplatz vor. Die offene Überwachung soll aber erleichtert werden, ebenso die Kontrollmöglichkeiten bei Mitarbeitern von Callcentern. Gewerkschafter, Datenschützer und die Opposition hatten vehement dagegen protestiert. Auch Arbeitgeber trugen laut Bedenken vor.
Von der Tagesordnung im Bundestagsinnenausschusses wird das Thema an diesem Mittwoch nun wohl ebenfalls gestrichen, wie der Vorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) der Nachrichtenagentur dpa sagte. Das Gesetz solle einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern schaffen. Von beiden Seiten sei in den vergangenen Wochen allerdings Kritik gekommen - zum Teil überzogen, zum Teil aber berechtigt. „Darüber wollen wir in Ruhe mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern reden“, sagte Bosbach. „Warum sollten wir das Gesetz übers Knie brechen?“
Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte, angesichts der erheblichen Proteste solle es noch einmal mit allen Beteiligten Gespräche geben.
Die SPD äußerte sich zufrieden über den vorläufigen Stopp. „Das ist gut so“, sagte Fraktionsvize Christine Lambrecht. Die Koalition habe begriffen, dass es so nicht gehe. „Das reicht aber nicht aus.“ Nötig sei ein Neustart „für einen Datenschutz am Arbeitsplatz, der den Namen auch verdient“. Der SPD-Politiker Gerold Reichenbach mahnte: „Der Entwurf gehört jetzt endgültig in die Tonne.“
Die Grünen-Politiker Beate Müller-Gemmeke und Konstantin von Notz sagten, weitere Gespräche würden kaum nützen. Die jetzige Rechtslage sei immer noch besser als die „vermurksten“ Vorschläge der Koalition. „Schwarz-Gelb sollte vom Beschäftigtendatenschutz die Finger lassen und die Neuregelung der nächsten Bundesregierung überlassen.“ Auch der Linke-Abgeordnete Jan Korte mahnte: „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist grundsätzlich verkorkst und wird sich auch mit einigen Nachbesserungen nicht mehr retten lassen.“
DGB-Chef Michael Sommer sprach von einem guten Tag für die Beschäftigten in Deutschland. „Besser kein Gesetz als dieses - das gilt immer noch“, sagte er. „Sollte die Regierungskoalition diesen Gesetzentwurf doch noch weiterverfolgen, so muss sie mit unserem weiteren Widerstand rechnen.“ Der DGB hatte in einer Online-Petition nach eigenen Angaben mehr als 30 000 Unterschriften gegen die Gesetzespläne gesammelt.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar begrüßte das Einlenken der Koalitionäre ebenfalls. Dem Radiosender MDR Info sagte er, der bisherige Entwurf habe ihn enttäuscht.