Wulff-Affäre trübt den CDU-Auftakt
Kanzlerin Angela Merkel strahlt demonstrativ Gelassenheit aus. Doch in der Partei beginnt es zu brodeln.
Kiel. So richtig gemütlich wurde es trotz aller Hoffnung der CDU-Chefin und Kanzlerin wieder einmal nicht. Pünktlich zur Bundesvorstandsklausur platzte die Bombe, die Herabstufung der Kreditwürdigkeit von neun Euro-Ländern durch Standard & Poor’s. Die Sorge, Europas Schuldenkrise nicht in den Griff zu bekommen, ist zum Dauerbegleiter von Angela Merkel geworden. Aber auch die Affäre von Bundespräsident Christian Wulff sowie der Bruch der schwarz-gelb-grünen Koalition im Saarland trübten die zweitägige Sitzung.
Nach außen bemühen sich viele Christdemokraten um Gelassenheit. Doch im Inneren fängt es an zu brodeln. Statt die Schwächen der SPD zu nutzen, die nach Ansicht der CDU mit einem Linksruck den Platz in der Mitte freimacht, schwächten eigene Leute die Partei, heißt es.
Zwar wird eisern dementiert, dass Merkel bereits über eine Strategie im Fall eines Wulff-Rücktritts nachdenke. Aber sie selbst betont, dass Wulff mögliche weitere Fragen offen beantworten müsse. Merkel weiß, dass keine Debatte per Anordnung beendet werden kann.
In der CDU herrscht zunehmend Unmut darüber, dass die ganze Diskussion um Wulff den Aufgalopp der Partei in das wichtige Jahr vor der Bundestagswahl bremse. Damit, dass sie zuletzt in der Wählergunst zulegte, wucherte die CDU in Kiel nicht.
Dabei wird 2012 sicher kein einfaches Jahr. Es ist noch lange nicht ausgemacht, dass die schwarz-gelbe Koalition die Entscheidungen etwa über die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer und den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM ohne Turbulenzen treffen wird.
Die FDP will eine Finanztransaktionssteuer nur akzeptieren, wenn diese in allen 27 EU-Staaten eingeführt wird. Merkel wäre bereit, sie notfalls nur in den 17 Euro-Ländern zu starten. Falls Merkel die FDP nicht zu einem Ja bewegen kann, dürfte sie entsprechende Beschlüsse entweder nicht mittragen — oder sie müsste ihre Koalition beschädigen, wenn nicht sogar platzen lassen.
Die Kanzlerin hält aber wenig vom Bruch, und so versuchte sie zu beschwichtigen: „Es gibt keinen Krach in der Koalition.“