Zelle zu klein: Häftlinge zur Not freilassen
Ex-Gefangener aus NRW siegt in Karlsruhe. Die Haft muss menschenwürdig sein.
Düsseldorf/ Karlsruhe. Zwei Gefangene auf acht Quadratmetern ohne abgetrennte Toilette — solche Haftbedingungen verstoßen gegen die Menschenwürde, hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden. Und es droht mit ernsten Konsequenzen: Wenn der Staat seine Häftlinge nicht richtig unterbringen kann, müsse er sie freilassen.
Anlass ist die Beschwerde eines 27-jährigen Häftlings aus NRW. Der Mann war in Köln-Ossendorf und Hagen 151 Tage lang mit wechselnden Mitgefangenen in Acht-Quadratmeter-Zellen untergebracht. 23 Stunden war er in der Zelle eingeschlossen.
Die Toilette war nur durch einen Sichtschutz abgetrennt. Seine Zellengenossen seien starke Raucher gewesen, nur zweimal pro Woche durften sie duschen. Dies habe „zu einem unerträglichen Gemisch aus Rauch, Körperausdünstungen und Toilettengerüchen geführt“. Anträge auf Verlegung in eine Einzelzelle blieben ohne Erfolg.
Deshalb forderte der Mann Entschädigung vom Land NRW. Sein Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde jedoch abgelehnt — keine Aussicht auf Erfolg. Dem widersprach das Bundesverfassungsgericht: Wenn eine menschenwürdige Unterbringung nicht möglich ist, dann sei der Staat verpflichtet, „sofort auf die Durchsetzung des Strafanspruchs zu verzichten“, so die Richter.
Der Gefangene habe das Recht, „bei der Vollstreckungsbehörde die Unterbrechung beziehungsweise die Aufschiebung der Strafe zu beantragen“.
Das NRW-Justizministerium sieht keinen Handlungsbedarf. Die Situation in den Gefängnissen habe sich deutlich entspannt, sagte ein Sprecher. So seien schon 800 Zellen umgerüstet worden.