Zu kleine Zelle: Karlsruhe spricht Entschädigung zu
Karlsruhe (dpa) - Wegen der Verletzung ihrer Menschenwürde haben Häftlinge grundsätzlich Anspruch auf finanzielle Entschädigung, wenn sie in zu kleinen Zellen untergebracht sind. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss entschieden.
Die Betroffenen können den Richtern zufolge sogar dann auf Geld hoffen, wenn sie nur wenige Tage in den zu engen Räumen eingesperrt waren (Az.: 1 BvR 1127/14.
Damit war ein Ex-Häftling mit seiner Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erfolgreich: Er war in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel zwischen Juni und November 2009 in einer Einzelzelle mit rund fünf Quadratmeter Bodenfläche untergebracht; die Toilette war räumlich nicht abgetrennt. Danach war der Mann, der sich nach Angaben seines Anwalts mittlerweile wieder auf freiem Fuß befindet, in eine größere Zelle verlegt worden.
Seine Amtshaftungsklage wegen der unwürdigen Haftbedingungen gegen das Land Berlin scheiterte zwar. Doch die Verfassungsrichter hoben das Urteil des Kammergerichts Berlin auf und wiesen den Fall zur erneuten Prüfung dorthin zurück. Sie sehen die Menschenwürde des Mannes verletzt. Auch wenn aus juristischen Gründen von dem fraglichen Zeitraum nur ein paar Tage Hafttage für die Entschädigung maßgeblich seien, sei ein Ausgleichsanspruch gegeben, hieß es. Andernfalls wäre „ein Verkümmern des Rechtsschutzes der Persönlichkeit zu befürchten“. Das Kammergericht muss jetzt die Höhe der Geldentschädigung klären.
Die Verfassungsrichter haben in der Vergangenheit schon oft die Rechte von Strafgefangenen gestärkt. So sprachen sie erst im April einem Häftling Schadenersatz zu, weil er nackt in einer Zelle eingesperrt war. Menschenunwürdig ist einer Entscheidung von 2011 zufolge auch die Mehrfachbelegung einer Zelle ohne separate Toilette.
Karlsruhe bestätigte darüber hinaus am Mittwoch hinaus zudem den Berliner Verfassungsgerichtshof, der einem Häftling in einem Parallelfall im November 2009 eine menschenunwürdige Unterbringung bescheinigt hatte. Der damalige Kläger war über drei Monate hinweg täglich zwischen 15 bis 21 Stunden in einer gleichartigen Zelle wie im Karlsruher Fall untergebracht.