Integration: Migranten-Kinder in die Kitas
Bundesamt für Statistik: Jedes siebte Kind von Zuwanderern hat nie einen Kindergarten besucht. Die Folge sind Sprachprobleme.
Wiesbaden. Kinder aus Familien ausländischer Herkunft sind in deutschen Kindertageseinrichtungen immer noch selten. "Die Kinder, die in einem Höchstmaß auf vorschulische Bildung angewiesen sind, nehmen sie seltener in Anspruch", bedauert der Entwicklungspsychologe Wassilios Fthenakis.
Die Folgen seien Sprach- und Integrationsprobleme. Mehr Plätze, eine bessere Sprachförderung und eine aufgeschlossenere Grundhaltung gegenüber den Kulturen der Herkunftsländer könnten dies nach Ansicht von Experten ändern.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hatte am Mittwoch erstmals Zahlen zu Kindern mit ausländischer Herkunft in Kitas, Krippen und Krabbelstuben veröffentlicht. Danach ist der Abstand vor allem bei den Unter-Dreijährigen groß: Jedes vierte Kind ohne Migrationshintergrund wird dort betreut, aber nur jedes Neunte aus Zuwanderer-Familien.
"Ein Siebtel aller Zuwandererkinder wird ohne vorherigen Kindergartenbesuch eingeschult, bei Kindern ohne Migrationshintergrund fast keins", bemängelt die Geschäftsführerin des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Gunilla Fincke.
"Vor allem die Familien, die nicht informiert sind und nicht kommunizieren können, entwickeln Angst, ihre Kinder einer solchen Institution auszuliefern", beobachtet Fthenakis, der an der Uni Bozen lehrt. Er fordert, die Mehrsprachigkeit und die Wertschätzung der kulturellen Vielfalt zu einem Qualitätsmerkmal moderner Bildung zu machen. Zudem müsse die Qualität der Sprachförderung besser werden und im Alltag ansetzen, wo Kinder Kompetenzen haben.
"Auswertungen der Kinder- und Jugendhilfestatistik zeigen, dass gut die Hälfte der Kinder mit Migrationshintergrund zu Hause nicht Deutsch spricht", sagt Hans Rudolf Leu, Abteilungsleiter beim Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Jedes dritte dieser Kinder komme dann in eine Kita, in der mehr als die Hälfte der Kinder zu Hause auch nicht Deutsch sprechen. "Sie bleiben so vor allem unter sich. Für die Sprachförderung ist das eine besondere Herausforderung." Diese "hoch anspruchsvolle Aufgabe" sei mit standardisierten Kursen nicht zu erfüllen.
"Besonders Kinder aus zugewanderten Familien sollten früh an den Kindergarten herangeführt werden", fordert Fincke vom SVR in Berlin. Das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld setze aber genau den gegenteiligen Anreiz.
Der damit einhergehende Geldmangel erschwere zudem die integrationspolitisch viel wichtigere Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren. "Aber Erzieher müssen auch besser für die Sprachvermittlung ausgebildet werden, denn in Kindergärten mit 90 Prozent Zuwandereranteil tauchen Kinder schon längst nicht mehr von allein in ein deutsches Sprachbad ein."