Kommentar K-Frage bei der SPD: Darum wird es Pistorius (noch) nicht

Meinung | Wuppertal · Olaf Scholz wirkt wie ein Fußballtrainer, dem man die Wende nicht mehr zutraut. Trotzdem wäre ein Wechsel auf Verteidigungsminister Boris Pistorius töricht. Ein Kommentar.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (l.) und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Unter den Erfahrungen der vergangenen Jahre und den Umständen dieser Tage müsste man davon ausgehen, dass die SPD ihr Pferd neu sattelt und den noch amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz zur Neuwahl im Februar nicht mehr aufstellt.

Die Rede, die Scholz am Mittwoch im Bundestag hielt, kann diesen Eindruck nicht verwischen. Scholz, den seine Partei einst nicht mal zum Vorsitzenden wollte und der sein hohes Amt wesentlich dem desaströs versöderten Wahlkampf der Union verdankt, wirkt wie ein Fußballtrainer, dem man die Wende nicht mehr zutraut. Trotzdem scheint die Parteispitze sich diesen Fliehkräften, die sich im Gegensatz zu Helmut Kohls Zeiten heute so schnell entwickeln, wie der Strom an Meinungen und Analysen durch digitale und Soziale Medien fließt, widersetzen zu wollen.

Fliehkräfte wohlgemerkt, die am Kandidaten und der Stimmung bei den Sozialdemokraten zerren. Diese Nibelungentreue lässt sich wohl auch damit begründen, dass die SPD fast sicher davon ausgehen muss, die nächste Bundesregierung nicht mehr anführen zu können. Und ein Wechsel auf den Verteidigungsminister Boris Pistorius womöglich jenen Kandidaten verbrennen würde, den man für die übernächste Bundestagswahl mit mehr Ruhe und in besserem SPD-Umfeld positionieren könnte.

Soll heißen: Pistorius jetzt zu verschenken, wäre töricht. Auch, weil die Sozialdemokraten, die unter Merkel lange mitregiert und danach die Ampel angeführt haben, in Inhalt und Personal kaputt regiert zu sein scheinen. Sich in der Opposition ihrer Ausrichtung neu zu vergewissern und mit einem starken Kandidaten vier Jahre nach der kommenden Wahl zurückzukommen, könnte eine Idee sein, die sich in der SPD verfestigt – wenn sie natürlich auch niemand aussprechen wird.

Bemerkenswert bleibt allerdings, mit welcher Chuzpe sich die Ampelmänner Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner nach dem Versagen ihrer Regierung einmal umgedreht in die nächsten Wochen werfen, als wäre das alles gar nicht gewesen. Dass sie darin niemand aufhält, muss mindestens all jene verwundern, die unter der Ampelpolitik mehr gelitten haben, als sich „nur“ über den fortwährenden Streit zu ereifern.