BDS-Bewegung Kein Geld für Israelkritiker? Bundestag appelliert an Regierung
Berlin · Promis wie Roger Waters von der Band Pink Floyd unterstützen die israelkritische BDS-Bewegung. Auch der südafrikanische Bischof und Apartheid-Gegner Desmond Tutu stellt sich hinter sie. Dennoch sind die Aktivisten umstritten. Der Bundestag bezieht Position.
Die Bundesregierung soll der israelkritischen BDS-Bewegung und ihren Unterstützern nach dem Willen des Bundestags den Geldhahn zudrehen. „Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch“, heißt es zur Begründung in dem am Freitag mit großer Mehrheit verabschiedeten gemeinsamen Antrag von Union, SPD, FDP und Grünen. Die israelische Regierung begrüßte den Beschluss.
BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Desinvestitionen sind die Rücknahme von Investitionen. Die Bewegung verlangt ein Ende der Besatzung des Westjordanlandes, der Golanhöhen und Ost-Jerusalems, die völlige Gleichberechtigung arabisch-palästinensischer Bürger Israels und ein Recht auf Rückkehr nach Israel für palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen.
Der CDU-Abgeordnete Axel Müller erinnerte an Schilder aus der Nazi-Zeit, auf denen mit dem Aufruf „Deutsche, kauft nicht bei Juden“ zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen wurde. „Ein erster Schritt auf dem Weg zum Völkermord!“ Jürgen Braun von der AfD verlangte: „Das Verbot der BDS-Bewegung ist überfällig.“ Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai, betonte: „Wir können nicht Propaganda und Hass gegen Juden und gegen das Existenzrecht Israels tolerieren.“ Durch die Aktionen der Bewegung werde ein noch tieferer Keil zwischen Palästinenser und Israelis getrieben.
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, erklärte, es spreche „Bände über den Charakter dieser Bewegung“, dass BDS-Unterstützer zum Boykott des Eurovision Song Contest aufriefen, der gerade in Israel stattfindet. „Die Fraktion die Linke lehnt BDS ab“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Heike Hänsel, fügte aber an Union, SPD, FDP und Grüne gewandt hinzu: „Eine pauschale Kriminalisierung und Sanktionierung von BDS-Unterstützerinnen, wie Sie sie formulieren, ist problematisch.“
Für den Antrag votierten nach Auskunft von Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, die die Sitzung leitete, CDU, CSU, FDP, SPD sowie große Teile der Grünen. Dagegen stimmten weite Teile der Linken und Teile der Grünen. Die AfD enthielt sich ebenso wie Teile von Grünen und Linken. Alternative Anträge von AfD und Linken scheiterten. Die AfD verlangte in ihrem Antrag ein Verbot der BDS-Bewegung. Die Linke pochte darauf, „jeden Antisemitismus in BDS-Aufrufen“ zu verurteilen.
Das israelische Außenministerium lobte den Beschluss. „Das deutsche Parlament hat die antisemitische Natur von BDS anerkannt und seinen ungesetzlichen Boykottaktivitäten“, schrieb der Sprecher auf Twitter.
Aus Israel kam aber auch Kritik an den Anträgen. Mehr als 60 jüdische und israelische Wissenschaftler haben eine Petition dagegen unterzeichnet, die sie als wenig differenziert einstufen. „Wir rufen alle deutschen Parteien dazu auf, keine Resolutionen vorzulegen und zu unterstützen, die BDS mit Antisemitismus gleichsetzen“, schrieben die Forscher. Aussagen und Aktionen von BDS seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, begrüßte die Entscheidung ebenfalls: „Endlich wird die anti-israelische Boykottbewegung auch auf Bundesebene klar als das benannt, was sie ist, nämlich antisemitisch.“ Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, stellte sich hinter den gemeinsamen Antrag von Union, SPD, FDP und Grünen. „Wir müssen jeder Form von Antisemitismus entgegentreten, auch wenn sie vermeintlich harmlos wirkt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der deutsche Ableger der BDS reagierte nicht auf eine schriftliche Anfrage der dpa.
Der angenommene Antrag war umstritten. Die CDU-Außenexperten Andreas Nick, Norbert Röttgen und Roderich Kiesewetter unterstützten in einer Erklärung, sie wollten dem Antrag zustimmen, warnten aber, dass legitime Kritik an der israelischen Regierung nicht als vermeintlich antisemitisch diskreditiert werden dürfe. 17 weitere Fraktionskollegen haben das Papier nach Angaben aus der Union unterschrieben. Auch Teile der Grünen distanzierten sich in einer eigenen Erklärung von dem Text, weil er die Bewegung zu pauschal als antisemitisch verurteile. Neben Claudia Roth und Jürgen Trittin wollten 14 weitere Abgeordnete den Beschluss ablehnen. Es fehle „jedes Bekenntnis zum Schutz und zur Verteidigung der Meinungsfreiheit“, kritisierten sie.