Energie Koalition einigt sich auf Ausbau von Ökostrom

„Freiheitsenergien“ hat Finanzminister Christian Lindner mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine Ökostrom aus Wind und Sonne genannt. Nach langen Verhandlungen steht nun ein Paket mit vielen Maßnahmen.

Die Koalition will den Ausbau von Windkrafträdern und Solarpanels erhöhen.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Mit einem umfassenden Gesetzespaket will die Ampel-Koalition Bremsen beim Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne lösen. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag einigten sich auf zahlreiche Maßnahmen. Letzte Differenzen beim sogenannten Osterpaket von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seien im parlamentarischen Verfahren ausgeräumt worden, hieß es am Dienstag.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, mit einem umfangreichen Paket solle die Grundlage für eine klimaneutrale Energieversorgung in Deutschland geschaffen werden. „Wir machen uns in der Energieversorgung unabhängig von Öl- und Gasimporten und sorgen so für mehr Energiesicherheit.“ Bis es aber deutlich mehr Windräder und Solaranlagen gibt, dürfte es Jahre dauern. Das Paket war zuvor zwar im Kabinett verabschiedet und im Bundestag diskutiert worden. Vor allem die FDP aber hatte eine Reihe von Änderungen gefordert.

Die FDP kippte das ursprünglich geplante Ziel von Habeck, dass ab dem Jahr 2035 die Stromerzeugung in Deutschland nahezu treibhausgasneutral erfolgen soll. Davon ist nun in Änderungsanträgen nicht mehr die Rede. Die FDP hatte bereits im April deutlich gemacht, es sei unklar, wie ein nahezu klimaneutrales Stromsystem bis 2035 erreicht werden solle.

Es bleibt aber beim Ziel, dass bis 2030 der Anteil an grünem Strom auf 80 Prozent steigen soll. Im ersten Halbjahr 2022 deckten erneuerbare Energien 49 Prozent des Stromverbrauches, wie vorläufige Berechnungen von Branchenverbänden ergaben. Wie die Ziele erreicht werden sollen:

Überragendes öffentliches Interesse

Ein zentraler Hebel für den Ausbau des Ökostroms soll sein, dass erneuerbare Energien künftig im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen sollen. Das soll Genehmigungsverfahren beschleunigen und Gerichtsverfahren erleichtern. Gegen neue Windräder wird oft geklagt. Neu ist, dass auch der Ausbau der Wasserkraft im überragenden öffentlichen Interesse liegen soll. Der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung warf der Ampel dagegen vor, bewusst Potenziale links liegen zu lassen: Wind und Sonne stünden im Fokus, dagegen werde Geothermie gedrosselt und Biomasse weiter gedeckelt.

Ausbau der Windkraft

Eine Schlüsselrolle spielen sollen deutlich mehr Windräder. Der Ausbau war aber in den vergangenen Jahren ins Stottern geraten, vor allem weil es zu wenig ausgewiesene Flächen gibt. Deswegen will die Bundesregierung den Ländern nun gesetzlich verpflichtende Flächenziele vorgeben. Unklar blieb zunächst noch, ob bis 2026 oder 2027 1,4 Prozent der Bundesfläche für Windräder verfügbar sein soll. Klar ist das Ziel, dass es dann bis 2032 2 Prozent der Fläche sein soll.

Für die einzelnen Länder gelten unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Von den einzelnen Flächenzielen sind die meisten Ländern bisher weit entfernt. Werden Ziele nicht erreicht, sollen strenge Regeln zum Abstand von Windrädern zu Wohngebieten gekippt werden können. Außerdem soll durch Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz der Konflikt zwischen dem Ausbau der Windkraft und dem Artenschutz beigelegt werden.

Mehr Solarenergieanlagen

Die Koalition plant einen Schub auch bei Solaranlagen. „Wir entfesseln die Solarenergie“, so die Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden. Das Ziel: Auf viel mehr Dächern sollen Anlagen installiert werden, außerdem auch an großen Verkehrswegen.

EEG-Umlage dauerhaft weg

Anfang Juli wurde die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über die Stromrechnung auf null gesenkt, nun soll sie dauerhaft weg. Das war auch schon das Ziel der Bundesregierung. „Die Finanzierung der Erneuerbaren über die Stromrechnung ist damit endgültig Geschichte“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. Laut Experten aber wirkt die Abschaffung nur leicht preisdämpfend, weil an anderer Stelle Beschaffungskosten stark gestiegen sind.

Ökostromanlagen sollen künftig über den Bundeshaushalt subventioniert werden. Laut FDP sollen aber spätestens mit Vollendung des Kohleausstiegs keine neuen Anlagen mehr staatlich gefördert werden. Die Ampel strebt einen früheren Kohleausstieg bis 2030 an, bisher ist er spätestens 2038 geplant.

Wiederum auf Druck der FDP nicht kommen sollen von Habeck geplante sogenannte Klimaschutzverträge, bei denen der Staat Zusatzkosten für klimaschonendere Produktionsweisen übernehmen würde - bis diese sich rechnen. Dagegen soll es nun ein Konzept für einen Industriestrompreis geben. Dieser solle dafür sorgen, dass der energieintensiven Industrie für die Transformation ausreichend erneuerbarer Strom zur Verfügung stehe. Details sind aber offen.

(dpa)