Meinung Warum Laschet ein größeres Risiko eingeht als Merz
Meinung | Düsseldorf · Der Machtkampf dürfte bis zum Parteitag am 25. April hart werden. Beide Kandidaten werden teamfähig sein müssen. Zu verlieren hat Laschet mehr.
Wer den Umfragen glaubt, wird Friedrich Merz als immer Führenden auf der Rechnung haben. Der Sauerländer verkörpert Durchsetzungsfähigkeit, ist klar in Aussage und Richtung. Man glaubt zu wissen, was man bekommt, wenn man ihm seine Stimme gibt. Nur: Der Vorsitzende der CDU wird von 1001 Delegierten bestimmt – und nicht in einer Urwahl von allen CDU-Mitgliedern. Wenn Merz seine 48 Prozent aus 2018 im Zweikampf mit Annegret Kramp-Karrenbauer als heutige Basis sieht, dann ist das Zweckoptimismus: Die meisten Delegierten werden aus NRW kommen und zu einem guten Teil für die NRW-Kombi Laschet/Spahn stimmen, wenn es zum Schwur kommt. Seinerzeit stand den NRW-Delegierten allein Merz als Kandidat ihres Landesverbands zur Wahl. Gegnerin: die Saarländerin Kramp-Karrenbauer.
Klar ist: Beide Kandidaten werden teamfähig sein müssen. Eine CDU, die sich nur liberal oder einzig streng konservativ orientiert, ist als Volkspartei nicht überlebensfähig, daran hat niemand Interesse. Ihr Schwerpunkt entscheidet sich am 25. April allerdings deutlich: Merz stünde für die Hoffnung auf eine starke, eigenständige konservative Kraft, die in Zeiten der Partikularinteressen im Wahlvolk bei zunehmender Parteienzersplitterung kaum mehr möglich zu sein scheint. Notwendige Bündnisse werden mit Merz weit konfrontativer als mit Laschet, der glaubwürdig grün oder auch gelb blinken kann – wie er es gerade braucht.
Zu verlieren hat Laschet mehr: Für Merz würde eine Niederlage wenig Veränderung des Status quo bedeuten. Überwirft er sich im Wahlkampf nicht vollends, wird er in ein Team Laschet/Spahn eingebunden. Laschet hingegen trägt Risiken: Ist er ab April CDU-Bundesvorsitzender, wird er vor allem in der Europapolitik – dann zu Zeiten einer deutschen EU-Ratspräsidentschaft – für fast ein Jahr Kanzlerin Merkel vor sich hertreiben müssen, um sich glaubwürdig als EU-Reformer zu empfehlen und nicht als willfähriger Teppichvorleger der Kanzlerin zu enden, wie das Vorgängerin Kramp-Karrenbauer in der Thüringen-Krise passiert ist. Und: Laschet wird in NRW von den politischen Gegnern bekämpft werden als jener, der Berlin für wichtiger hält als Düsseldorf. Er wird in Berlin präsent sein müssen, benötigt massive Rückendeckung durch sein heimisches Kabinett und Koalitionspartner FDP. Und: Er muss darauf setzen, dass sein Status nach fast drei Jahren Regierungszeit ähnlich groß ist wie jener von Johannes Rau (SPD) 1987, der als NRW-Landesfürst in den Kanzler-Wahlkampf zog, gegen Kohl verlor und danach in NRW weitermachte. Fraglich, ob solche Ämterhäufung heute noch möglich ist.