Die Union braucht neue Machtoptionen Der längere Hebel ist grün

Meinung · Das zwölf Seiten starke Sondierungspapier von CDU und Bündnis 90/Die Grünen liest sich wie das Wahlprogramm der Partei von Mona Neubaur. Die CDU macht sich grünkompatibel.

Auf den ersten Blick liest sich das zwölf Seiten starke Sondierungspapier von CDU und Bündnis 90/Die Grünen wie das Wahlprogramm der Partei von Mona Neubaur.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Auf den ersten Blick liest sich das zwölf Seiten starke Sondierungspapier von CDU und Bündnis 90/Die Grünen wie das Wahlprogramm der Partei von Mona Neubaur. 1000 neue Windkraftanlagen, Wahlrecht mit 16, Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030, Photovoltaik, wo immer es geht, und ein bisschen Queer kommt auch darin vor.

Auf den zweiten Blick ändert sich der Eindruck kaum. Natürlich haben die Verhandler um Hendrik Wüst mehr Sicherheit hineingepackt, indem jedes Jahr 3000 Polizisten neu eingestellt werden sollen, es stehen verklausuliert die Talentschulen im Papier, das gilt auch für den Erhalt der Förderschulen in NRW und für den Erhalt des Landes als wichtiger, aber klimatechnisch reformierbarer Industriestandort. Unter dem Strich zeigt die Grundlagenvereinbarung zweierlei.

Erstens wissen die Grünen und deren Vorsitzende Mona Neubaur um ihre hinzugewonnene Stärke. Sie surfen auf der Welle, die ihre Parteigranden Annalena Baerbock und Robert Habeck derzeit in der Berliner Ampelregierung erzeugen. Und sie wissen, wie sehr die Union auf sie angewiesen ist.

Genau das weiß zweitens auch Hendrik Wüst. Wenn er Ministerpräsident bleiben will, dann geht das nur in einem Bündnis mit den Grünen. Die SPD wird nirgendwo je wieder in eine Groko einwilligen, vermutlich nicht einmal, wenn sie darin die stärkste Kraft wäre. Und mit der FDP wäre die CDU im NRW-Landtag meilenweit von einer Mehrheit entfernt. Also macht die Union Zugeständnisse, vor denen sie sich vor ein paar Jahren noch angewidert abgewendet hätte.

Aber es geht ja auch nicht nur um Nordrhein-Westfalen. Wenn die Union in vier Jahren wieder den Bundeskanzler stellen will, reicht eine Koalition mit den Liberalen nach menschlichem Ermessen dafür nicht aus. Also wird die CDU in Nordrhein-Westfalen wie schon in Schleswig-Holstein grünenkompatibel gemacht. So unvernünftig sind die meisten Forderungen von Neubaur und Co im Übrigen ja auch gar nicht. Und selbst wenn, hätten die Christdemokraten an Rhein und Ruhr keine andere Wahl. Die anderen sitzen am längeren Hebel, und dieser Hebel ist grün.