Atomkugel-Affäre - Opposition will Rücktritt der Ministerin
Düsseldorf. Nach dem Informations-Wirrwarr um den Verbleib von Atomkugeln aus Jülich hat die Opposition in Nordrhein-Westfalen den Rücktritt von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) gefordert.
Schulze habe wider besseres Wissen so getan als sei unklar, wo 2285 Brennelementkugeln des stillgelegten Versuchsreaktors geblieben seien, sagte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, am Dienstag in Düsseldorf.
Das Wissenschaftsministerium wies die Vorwürfe als „absurd und falsch“ zurück und beharrte darauf, es sei letztlich ungewiss geblieben, wo rund 2000 Kugeln gelandet seien. Das Ministerium warf der CDU vor, „mit verdrehten, lückenhaften und falschen Informationen“ zu arbeiten.
Die CDU-Fraktion dokumentierte am Dienstag abweichende Antwort-Versionen des Wissenschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen zu dem Thema. Anhand von E-Mails zwischen Landes- und Bundesforschungsministerium sowie dem Forschungszentrum in Jülich lasse sich belegen, dass richtige Informationen kurz nach der Atom-Katastrophe in Japan in falsche verwandelt worden seien, sagte Laumann.
„Frau Schulze hat einen Betrug inszeniert. Die Ministerin habe „Informationen unterschlagen und manipuliert“, um Angst vor Atomkraft zu schüren. Wenn die Landesregierung dies nicht lückenlos aufkläre, werde die CDU einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen, drohte der Fraktionschef. Er forderte die Staatskanzlei auf, den gesamten Schriftverkehr aller beteiligten Häuser offenzulegen.
Die FDP hatte Schulze bereits vor der Osterpause einen Rücktritt nahegelegt. „Frau Schulzes Zeit als Ministerin ist abgelaufen“, kommentierte FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke die neuen Recherchen der CDU. Auslöser der Affäre war im vergangenen Februar eine Kleine Anfrage einen Grünen-Abgeordneten zum Verbleib aller rund 300 000 Brennelementkugeln aus dem früheren Versuchsreaktor.
Titel: „Unstimmige Zahlenangaben des Forschungszentrums Jülich - Lässiges Aufrunden oder Fehlinformation von Bevölkerung und Politik?“ In der Folge hatte das NRW-Wissenschaftsministerium eine Antwort mit dem Forschungszentrum abgestimmt und der Jülicher Gesellschaft am 10. März einen darauf basierenden Entwurf übermittelt.
Aus Sicht des Forschungszentrum konnte der Verbleib der Brennelemente lückenlos dokumentiert werden. Veröffentlicht hatte das Wissenschaftsministerium Ende März allerdings eine andere, nicht mit Jülich abgestimmt Version. Darin heißt es, über 2285 Brennelementkugeln könnten „mit der gebotenen Zuverlässigkeit in dem vorgegebenen Zeitrahmen keine abschließenden Aussagen getroffen werden“.
Außerdem seien „allem Anschein nach“ Brennelementkugeln im Forschungsbergwerk Asse eingelagert worden. Diese Antwort sei sachlich falsch gewesen und - trotz ausdrücklicher Bitte des Bundesforschungsministeriums - nicht abgestimmt worden, kritisierte Laumann. Die Landesregierung müsse nun aufklären, wer dafür gesorgt habe, dass die vor der Atom-Katastrophe in Japan abgestimmte richtige Antwort nicht herausgegangen sei.
Dabei sei sowohl die Rolle der Staatskanzlei als auch die der Ministerien für Energie und Umwelt unter die Lupe zu nehmen. Sie hatten die Antwort mitgezeichnet. Das Wissenschaftsministerium hielt dagegen, es sei einer Empfehlung des Bundesforschungsministeriums gefolgt, „die nicht abschließend zu klärende Größenordnung der Brennelementkugeln offen zu lassen“.
Sowohl dem Bundesministerium als auch der Jülicher Gesellschaft sei die endgültige Antwort sechs Tage vor Veröffentlichung zugeleitet worden. Keiner von beiden habe dieser Fassung widersprochen. „Dies ist auch die einzige Antwortfassung, die Ministerin Schulze vorgelegen hat“, heißt es in einer Mitteilung ihres Hauses.