Vor der Expertenanhörung Wer soll für die Straßenreparatur in NRW zahlen?
Düsseldorf · Erhitzte Gemüter vor der am Freitag im Landtag anstehenden Expertenanhörung zu Straßenausbaubeiträgen: zwei Beispielfälle aus Mönchengladbach und Wuppertal.
Wenn sich die Landtagsabgeordneten vor einem diskutierten Gesetzesvorhaben für die zu regelnde Materie kundig machen wollen, dann hören sie in den Fachausschüssen Experten an. Manchmal wird eine solche Anhörung wegen des großen öffentlichen Interesses in den großen Plenumssaal verlegt, noch seltener ist sie sogar live ab 13.30 Uhr im Internet zu sehen (landtag.nrw.de). Doch das am Freitag anstehende Thema hat es in sich, und darum verfährt man bei der diskutierten Abschaffung der Straßenausbaubeiträge genau so.
Auch auf den Zuschauerrängen werden sich bei der gemeinsamen Anhörung durch den Bauausschuss und den Verkehrsausschuss wohl zahlreiche Zuschauer einfinden. Schließlich ist viel Dampf im Kessel, das zeigen die vom Bund der Steuerzahler für seine Volksinitiative gesammelten knapp 463 000 Unterschriften. Die Straßenausbaubeiträge müssten abgeschafft werden, so die Forderung. Eine Abschaffung hieße aber, dass das Land die Kosten aus dem Landesetat tragen müsste.
An der „Flickenteppichstraße“ passiert seit Jahrzehnten nichts
Diese hohen Kosten können dazu führen, dass manchmal gar nichts passiert und eine Straße vergammelt. Das zeigt ein Fall aus Mönchengladbach. Wolfgang Radau wohnt an einer „Flickenteppich-Straße“, wie er es nennt. Der 72-jährige Mönchengladbacher bemüht sich seit mehr als 30 Jahren, dass sich etwas an dem schlechten Zustand der Straße „An der Lohmühle“ ändert. Er forderte die Stadtverwaltung auf, sich doch mal die Straße anzusehen und im Sinne der Anlieger zu überlegen, wie eine Verbesserung des Zustands erreicht werden kann. „Die hier und da aufgebrachte Schüppe Kaltasphalt ist jedenfalls keine Lösung“, sagt Radau. Doch die Antwort der Stadtverwaltung hilft ihm kaum weiter.
Ein Mitarbeiter des Tiefbauamts gestand zwar zu, dass die Fahrbahn sich „in der Tat in einem schlechten Zustand befindet“. Jedoch sei nur ein Teil der Verkehrsflächen in städtischem Besitz, große Teile befänden sich in privatem Eigentum. Die Stadt habe vor einigen Jahren versucht, die notwendigen Flächen zu erwerben und Mittel eingeplant, um die Fahrbahn grundhaft auszubauen. Dies sei an der Ablehnung der Eigentümer gescheitert. Dabei spiele wohl eine Rolle, dass bei einem grundhaften Ausbau der Fahrbahn Beiträge zu Lasten der Anlieger anfallen würden.
Diese Kapitulation mag Radau, der durchaus bereit wäre, seinen Beitrag zur Sanierung zu leisten, nicht akzeptieren. Er weist darauf hin, dass auf dieser Straße nicht nur Mieter in mehr als 35 Wohneinheiten leben, sondern auch Lieferdienste, Müllabfuhr, Fremde auf Parkplatzsuche und zum Wenden ein- und ausfahren. Und dass deshalb ein öffentliches Interesse bestehe, weshalb die Stadt aktiv werden müsse. Wenn mich Leute besuchen, lautet in aller Regel der zweite Halbsatz: „...aber Ihre Straße, die ist ja in einem fürchterlichen Zustand“, sagt Radau.
Auch ein Satz im Antwortbrief der von ihm angeschriebenen Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach lässt ihn nur den Kopf schütteln. Da heißt es, man habe sich „mittlerweile an den schlechten Zustand der Straße gewöhnt“.
Würde es in einem solchen Fall helfen, dass die Zuständigkeit für das Finanzieren des Straßenausbaus auf das Land übergeht? Würde dann am Ende mehr ausgebessert? Auch darüber dürften die Experten am Freitag von den Abgeordneten befragt werden. Die Expertenanhörung und das hierin vorgebrachte Pro und Kontra dient dazu, eine Entscheidung des Landtags vorzubereiten. Dieser ist allerdings nur verpflichtet, über das Anliegen zu diskutieren, hat aber keine Pflicht, im Sinne der Volksinitiative zu entscheiden. Die weitreichenderen Möglichkeiten eines Volksbegehrens kommen nicht in Betracht, weil sie für Finanzfragen rechtlich unzulässig sind.
Und um Finanzfragen, durchaus große zumal, geht es ja hier. Der Landesetat und damit die Steuerzahler würden nach Schätzungen des Landesbauministeriums mit jährlich 127 Millionen Euro belastet. Einer der für Freitag geladenen Experten hat bereits in seiner vorab gegebenen Stellungnahme geschrieben, dass die Kosten für das Land durchaus auch im Milliardenbereich liegen könnten.
Bürger soll sein Geschenk an die Stadt auch noch reparieren
Die Gegner des Straßenbaubeitrags haben die SPD auf ihrer Seite. Die Oppositionspartei will, dass das Land die Kosten trägt. Das findet auch ein Leser dieser Zeitung aus Wuppertal. Er hat vor gut 40 Jahren ein Grundstück gekauft und ein Haus gebaut. Damals habe er 52 000 DM Erschließungskosten bezahlt. Der Kauf des Grundstücks habe dann noch mal gut 56 000 DM gekostet. Zusammen mit zwei anderen Bauherren habe man auf diese Weise der Stadt Wuppertal eine fertige Straße geschenkt. „Und danach fahren alle Bürger dieser Stadt kostenlos über diese Straße. Wenn sie defekt ist, soll der Schenker wieder bezahlen“, fasst er die Praxis zusammen. Das sei nicht gerecht: „Die Straße ist nach der Übergabe an die Stadt Allgemeingut und muss von der Allgemeinheit bezahlt werden.“ Ob die für den Landesetat verantwortlichen CDU und FDP da mitziehen, ist offen.