Information oder illegale Wahlwerbung - Wirbel um FDP-Flugblatt
Flugblätter und Wahlkampf sind bei der FDP eine explosive Mischung. Vor zehn Jahren sorgte Jürgen Möllemann mit Post an NRW-Haushalte für Schlagzeilen. Jetzt wittern SPD und Grüne illegale Parteienfinanzierung wegen eines Briefs von Fraktionschef Brüderle.
Düsseldorf (dpa). Kurz vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sorgt die FDP für Wirbel mit einem Flugblatt. Seit vorletzter Woche flattert ein Schreiben des FDP-Bundestagsfraktionschefs Rainer Brüderle in die Postkästen der Bürger. Darin nimmt Brüderle vor allem die Staatsverschuldung aufs Korn.
Wie die „Bild“-Zeitung und die „WAZ“ am Mittwoch berichteten, wollen SPD und Grüne nun den Verdacht illegaler Parteienfinanzierung prüfen lassen. „Die Fraktionen dürfen über ihre Politik informieren, dürfen aber keine Steuergelder einsetzen, um ihre Parteien zu bewerben“, sagte eine Bundestagssprecherin der Nachrichtenagentur dpa in Düsseldorf. Ob die Bundestagsverwaltung das Flugblatt von Brüderle prüfe, konnte sie zunächst nicht sagen.
Die FDP wies den Vorwurf illegaler Wahlwerbung zurück. „Als Bundestagsfraktionen haben wir die Aufgabe, die Bevölkerung regelmäßig über die Arbeit unserer Abgeordneten im Deutschen Bundestag zu informieren“, teilte die Sprecherin der Bundestagsfraktion, Beatrix Brodkorb, mit. Zu diesem Zweck sei bereits zum Jahresanfang - und damit weit vor der Auflösung des NRW-Landtags im März - eine Informationskampagne unter dem Titel „Freiheit bewegt“ geplant worden. Die Informationsreihe laufe ganzjährig und bundesweit und damit keineswegs nur in den Wahlkampfländern.
In dem Brief schreibt Brüderle: „Staatsschulden sind das süße Gift der Politik.“ Das Ziel der Liberalen sei Schuldenabbau. Dies ist auch das Kernthema des nordrhein-westfälischen FDP-Spitzenkandidaten Christian Linder, der unter dem Motto plakatiert: „Lieber neue Wahlen als neue Schulden“.
Die Grünen in NRW haben nun den Düsseldorfer Rechtswissenschaftler Prof. Martin Morlok beauftragt, die Rechtmäßigkeit der FDP-Postwurfsendung zu klären. Sein Gutachten soll noch in dieser Woche vorgestellt werden. Landesparteichefin Monika Düker sagte der „Bild“ (Mittwochsausgabe): „Der Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung liegt nahe.“ Auch SPD-Wahlkampfmanager Michael Groschek sprach von einem „fragwürdigen Vorgang“ kurz vor der Wahl.
Die FDP sorgt nicht zum ersten Mal mit einem Flugblatt für Schlagzeilen im Wahlkampf. Kurz vor der Bundestagswahl 2002 hatte der damalige Vorsitzende der NRW-FDP, Jürgen Möllemann, ein Faltblatt anti-israelischen Inhalts in Millionenauflage an die Haushalte verteilen lassen, um das Wahlziel 18 Prozent zu erreichen.
Der heftige innerparteiliche Streit darum gipfelte im Jahr darauf im Parteiaustritt des einstigen Vizekanzlers. Die Finanzierung des Flyers brachte eine Spendenaffäre ans Licht, die die FDP am Ende knapp 3,5 Millionen Euro Strafe wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz kostete.