Interview mit Familienminister Armin Laschet: „Der Ausbau der Krippen hat Priorität“

Familienminister Armin Laschet über Kinderbetreuung in NRW, Geld vom Bund und die von der CSU geforderte „Herdprämie“.

Düsseldorf. Nach langer Diskussion einigte sich die Große Koalition vergangene Woche darauf, bis 2013 für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz zu schaffen. Die Kosten für den Ausbau von rund zwölf Milliarden Euro sollen Bund, Länder und Kommunen je zu einem Drittel übernehmen. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) hatte im Vorfeld kritisiert, dass der Bund sich nur an den einmaligen Investitionskosten, nicht aber an den laufenden Betriebskosten beteiligen wollte.

Herr Laschet, der Bund will sich nun doch an den Betriebskosten für die Krippen beteiligen. Sind Sie jetzt glücklich?

Armin Laschet: Glücklich wäre übertrieben. Das sollte selbstverständlich sein. Denn Gebäude haben wir genug, das Teure sind die Personal- und Betriebskosten. Wenn der Bund vorgibt, wie viele Betreuungsplätze wir schaffen sollen, muss er auch einen angemessenen Beitrag dazugeben.

NRW liegt bei den Betreuungsplätzen besonders zurück. Hat es das Land schwerer, die Anforderungen des Bundes zu erfüllen?

Laschet: Natürlich haben wir es schwerer, den Vorsprung anderer Bundesländer aufzuholen. Beim Regierungswechsel vor zwei Jahren hatten wir bei den unter Dreijährigen eine Betreuungsquote von nicht einmal drei Prozent. Damit lagen wir auf dem letzten Platz. Wir wollen im nächsten Jahr die Betreuungsplätze verdoppeln auf eine Betreuungsquote von sieben Prozent. Wir könnten es sogar bereits vor 2010 schaffen, 20 Prozent zu erreichen - aber nur, wenn tatsächlich Geld vom Bund kommt.

Bezweifeln Sie das denn?

Laschet: Bei der Großen Koalition weiß man nie, ob ihre Ankündigungen wirklich zu konkreten Ergebnissen führen. Allein, dass man über das Betreuungsgeld jetzt schon wieder so grundsätzlich diskutiert, zeigt, dass es mit der vermeintlichen Einigung nicht weit her ist.

Die "Herdprämie" ist sehr umstritten. Was denken Sie darüber?

Laschet: Der Begriff Herdprämie ist ideologisch und eine Herabwürdigung all jener, die sich entscheiden, ihr Kind in den ersten Lebensjahren selbst zu erziehen. Priorität hat aber momentan der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen. Denn hier hat die alte rot-grüne Landesregierung viel versäumt. Wir sollten jedoch nicht Krippenerziehung und häusliche Betreuung gegeneinander ausspielen, sondern auch die Erziehungsarbeit in der Familie anerkennen.

Wird sie ja bereits, mit dem Elterngeld.

Laschet: Das endet aber nach einem Jahr. Man sollte jemanden, der sich entscheidet, noch ein weiteres Jahr zu Hause zu bleiben, nicht schlechter behandeln, als jemanden, dem wir für viel Geld einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen.

Sozial schwache Familien könnten dazu verführt werden, das Betreuungsgeld zu kassieren, statt Geld für die Förderung ihrer Kinder auszugeben. Das wäre doch kontraproduktiv.

Laschet: Das mag für einige zutreffen. Aber so unterstellt man ja: Eigentlich ist es besser, wenn das Kind in der Krippe ist. Es gibt Schichten, wo das so ist, aber das kann man nicht für alle Kinder in Nordrhein-Westfalen generalisieren. Die meisten wachsen in einem liebevollen und fürsorglichen Elternhaus auf.

Kritik kommt jetzt auch aus Reihen der CDU. Hat die CSU mit ihrem Vorstoß den Unionspartner brüskiert?

Laschet: Nein, die Anerkennung von Familienarbeit ist eine alte Unionsforderung. Dennoch halte ich den Ausbau der Betreuung für vordringlicher. Deshalb hätte ich nicht wie Stoiber gesagt: Man muss das Betreuungsgeld zur Bedingung machen.

Mit dem Betreuungsgeld würde ein zusätzliches Millionenfass aufgemacht. Wollen Sie das aus Ländergeldern bezahlen?

Laschet: Nein, das ist eindeutig keine Ländersache. Wenn der Bund das Geld übrig hat, freue ich mich über jede zusätzliche Milliarde, die er für Familien ausgibt. Statt eines Betreuungsgeldes kann man darüber nachdenken, das Elterngeld zu verlängern. Jetzt aber setzen wir unsere Kraft vordringlich für den Ausbau der Krippenplätze ein.