Analyse: Regieren in NRW - Ein bisschen Zank muss sein
CDU und FDP sitzen fest im Sattel. Die Streitereien deuten aber Nervosität bei der Union an.
Düsseldorf. Gestern haben sie sich gefeiert: Für CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen ist der 22. Mai so etwas wie ein Geburtstag, haben sie doch gemeinsam vor zwei Jahren die Landtagswahl gewonnen und nach 39 Jahren SPD-Herrschaft das bevölkerungsreichste Bundesland für das bürgerliche Lager zurückgeholt. Hunderte von Gästen tranken im Landtag und in der CDU-Zentrale auf das Wohl von Schwarz-Gelb.
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und sein Stellvertreter, Hochschulminister Andreas Pinkwart (FDP), präsentierten sich als großzügige Gastgeber. Ihre "Koalition der Erneuerung", so der Propaganda-Titel der neuen Landesregierung, habe bislang eine reine Erfolgsstory geschrieben, so ihre Botschaft zum Tag.
Auf der Ebene der beiden Platzhirsche stimmt dies nahezu uneingeschränkt. Rüttgers ist in seinem Amt unangefochten, auch Pinkwart hat den notorisch labilen liberalen Laden fest im Griff. Studiengebühren, Schulgesetz, selbst die Gemeindeordnung sind entweder schon Realität oder auf dem Weg. Rüttgers hat die große Baustelle des Börsengangs der RAG noch vor sich, doch den Kampf muss er als Person mit der Großen Koalition in Berlin ausfechten - kein Streitthema in Düsseldorf.
Ganz anders sieht es aber auf der zweiten Ebene auf. Da nennt CDU-Fraktionschef Helmut Stahl die FDP "unseriös", da wähnt sein FDP-Gegenpart Gerhard Papke die CDU im "Schlafwagen", während die "FDP auf der Lok das Tempo bestimmt." Und da bezeichnet der Generalsekretär der Liberalen, Christian Lindner, die umstrittene Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) als "Sicherheitsrisiko".
Bilanz Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU/re.) und sein Stellvertreter, Hochschulminister Andreas Pinkwart (FDP), setzen nach zwei Jahren im Amt auf Zahlen: Gegenüber 2005 gibt es 170 000 Arbeitslose weniger im Land, 45 Prozent weniger Unterrichtsausfall, 3000 zusätzliche Lehrer, aber 116 überflüssige Behörden weniger.
Kritik Sie kommt naturgemäß von SPD und Grünen, die sich auf den ungeliebten Oppositionsbänken wiedergefunden haben. "Rüttgers passt nicht zu NRW. Er ist unsozial", befindet knapp die SPD-Landeschefin Hannelore Kraft. Rot-Grün nennt das neue Schulgesetz ein Instrument der Ausgrenzung, weil es Aufstiegschancen blockiere, und bezweifelt die Zahl der zusätzlichen Lehrerstellen. Massive Kritik gibt es aber auch von der CDU-Basis: Rund 20 000 Menschen haben vor einigen Wochen gegen die neue Gemeindeordnung demonstriert, weil sie eine Zerschlagung der Stadtwerke befürchten. Darunter waren zahlreiche CDU-Kommunalpolitiker und parteinahe Manager.