Düsseldorfer Flughafen: Sieg auf der ganzen Linie
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden: Der Flughafen darf wachsen. Das bedeutet eine satte Niederlage für sechs Städte und 14 Privatpersonen.
Düsseldorf. Das Oberverwaltungsgericht Münster stellt die Signale für Wachstum am Düsseldorfer Flughafen auf Grün. Die 2005 geänderte Betriebsgenehmigung wurde gestern voll bestätigt. Kernpunkt: Der Flughafen darf im Sommer 131 000 Starts und Landungen (Slots) durchführen. Dafür dürfen pro Stunde 45 Slots und von 22 bis 23 Uhr 33 Landungen abgewickelt werden. Im letzten Sommer hatte der Flughafen "nur" 110 000 Slots geschafft.
Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU) war erfreut: "Ein guter Tag für den Flughafen. Der Zuwachs im Luftverkehr geht nicht mehr an NRW vorbei. Der Flughafen ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung. Jetzt gilt es auch, die Lärmschutzauflagen abzuarbeiten." Die Lärmbelastung hatten Essen, Ratingen, Meerbusch, Ratingen, Neuss, Kaarst und 14 Einzel-Personen in ihren Klagen angeführt. Hier entgegneten die Richter, der Flughafen habe beim passiven Schallschutz und den Entschädigungen "ein akzeptables Reglement" gefunden.
Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin sieht im Urteil "einen großen Erfolg", fordert aber auch "einen verantwortungsvollen Umgang mit den Slots". Es könne nicht Ziel sein, "mit 19-sitzigen Propellermaschinen die letzte Grasnarbe in Europa anzufliegen". Der Flughafen solle neue Ziele entwickeln, "vor allem interkontinental". Die Oberhäupter der Nachbarstädte forderte er auf, "endlich Farbe zu bekennen". Flughafen-Chef Christoph Blume: "Die Städte sollten sich positiv zur Realität bekennen." Man wolle einen neuen Dialog beginnen.
Entsprechend fielen auch die Kommentare der wichtigsten Fluggesellschaften am Düsseldorfer Flughafen aus. LTU-Chef Jürgen Marbach: "Wir sind hoch erfreut über dieses Urteil. Es bestätigt die wirtschaftliche Bedeutung des Airports für das Land und gibt uns als Airline Planungssicherheit."
Joachim Hunold, Chef der Air Berlin: "Ein ganz klarer Sieg der Vernunft. Der Düsseldorfer Flughafen hat nun die dringend benötigten Entwicklungsmöglichkeiten. Auch für unsere Airline bietet dies weitere Wachstumschancen."
Die Genehmigung Die 16 Betriebsstunden des Flughafens zwischen 6 und 22 Uhr werden geteilt. Pro Stunde dürfen in acht Stunden statt 38 nun 45 Starts und Landungen (Slots) abgewickelt werden.
Effekt 2006 Der Airport wächst erstmals über dem Branchendurchschnitt (7 %). Es gibt eine Million Passagiere zusätzlich und 1000 neue Jobs.
Das Urteil Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt die weiteren Regelungen der Genehmigung. In der zusätzlichen Betriebsstunde von 22 bis 23 Uhr darf der Flughafen statt 15 (Winter) und 25 (Sommer) nun ganzjährig 33 Landungen abwickeln. Die heimkehrenden Jets gehen morgens als erste raus. Zu Beginn des Gerichtsverfahrens hatte das Land die Zahl von 36 auf 33 reduziert.
Neuer Antrag Um in den zweiten acht Stunden der Tagesbetriebszeit statt 40 Slots pro Stunde 45 abwickeln zu dürfen, muss der Flughafen einen neuen Antrag stellen. Obergrenze: 131 000 Slots in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres (Sommer).
Dieter Spindler (CDU), Bürgermeister Stadt Meerbusch
Jürgen Marbach, LTU-Chef
Stark enttäuscht hat auch Meerbuschs Bürgermeister Dieter Spindler das Urteil zur Kenntnis genommen: Zwischen 22 und 23 Uhr seien jetzt 33 Landungen möglich. Dies entspreche einer Steigerung um 65 Prozent. "Gerade im Hinblick auf die Verspätungspraxis der Fluggesellschaften ist das nicht hinnehmbar." Jetzt gelte es, die Begründung zu studieren, dann werde man Rechtsmittel einlegen.
Die Stadt Neuss wartet vor einer Stellungnahme die schriftliche Begründung des Gerichts ab. Bürgermeister Herbert Napp: "Im Sinne der betroffenen Bevölkerung finden wir die Entscheidung äußerst bedauerlich."
Enttäuscht zeigte sich der Kaarster Bürgermeister Franz-Josef Moormann: "Mein erster Eindruck ist, dass bei dem Urteil nur wirtschaftliche Interessen eine Rolle gespielt haben. Im politischen Prozess ist noch nicht das letzte Wort gesprochen."
Nordrhein-Westfalen kann aufatmen. Sein wichtigster Flughafen darf weiter wachsen. Das ist eine gute Nachricht zur richtigen Zeit. Schließlich ist die Region Düsseldorf für Fluggesellschaften der größte deutsche Markt und die Großairline Air Berlin und LTU schickt sich an, eine alte Scharte auszuwetzen. Endlich soll es in der Landeshauptstadt zwei Drehkreuze für Interkontinentalflüge geben - vormittags nach Amerika, nachmittags nach Fernost.
18 Millionen Menschen im Umkreis von 100 Kilometern werden dieses Angebot zu nutzen wissen. Ihr Interesse und das weiterer Kunden hat innerhalb eines Jahres eine Million zusätzlicher Passagiere und 1000 neue Jobs zur Folge gehabt.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat diese Bedeutung des Düsseldorfer Flughafens deutlich herausgestellt. Dass die Richter in keinem Punkt den sechs klagenden Städten gefolgt sind, ist für die Stadträte und Verwaltungen eine Ohrfeige. Ob Lärmschutz oder die Auslegung der Genehmigungsgrundlagen: Der Flughafen wie auch NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke haben sich, wie das Gericht sagt, angemessen und korrekt verhalten.
Viele der Kommunen sind Dauerkläger, in denen Politiker sich dem Druck der Bürgerinitiativen gebeugt haben. Ihre Bürgermeister stellen in Fensterreden zwar gerne heraus, dass sie "ja nichts gegen den Flughafen haben", tatsächlich waren sie im konkreten Fall nie für eine neue Genehmigung, die Wachstum ermöglicht. Die Firmen jedoch, die sich wegen der Flughafennähe bei ihnen angesiedelt haben, wurden stets mit offenen Armen empfangen. So jämmerlich wird bei uns Verantwortung buchstabiert.
Der Flughafen im Ballungsraum bleibt ein Streitfall. 115 000 Starts und Landungen sollen in diesem Sommer abgewickelt werden, 131 000 dürfen es nun maximal sein. Das ist die Kapazität der Hauptstartbahn, verteilt auf beide Bahnen - und gedeckt durch den berühmten Angerlandvergleich. Irgendwann, wenn auch die nun eingeräumten Möglichkeiten ausgeschöpft sind, beginnt der Streit um die volle Auslastung beider Bahnen. Dann könnten vielleicht 170 000 Slots abgewickelt werden. Offiziell sagt das niemand, aber dieser Schritt ist langfristig programmiert.