Reform-Vorschläge: Experten brüten über den Lehrer der Zukunft

NRW will die Ausbildung verändern – ohne aber die Praxis zu stärken.

Düsseldorf. Sie gilt als überholt, praxisfern und unflexibel - die Lehrerausbildung in NRW. Die schwarz-gelbe Landesregierung will deshalb bis zum Sommer die Eckpunkte für eine grundlegende Reform erarbeiten. Damit dies auch gelingt, holte sie sich professionelle Hilfe ins Boot. Ein halbes Jahr lang hat eine Expertenkommission unter Leitung des Berliner Bildungsforschers Professor Jürgen Baumert Modellversuche zur Lehrerausbildung an Universitäten in NRW analysiert und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengetragen. Nun steht das Gerüst - ein fast 60 Seiten starker Bericht, der mit einigen Überraschungen aufwartet. Bislang gibt es an den Universitäten im Land, die Lehramtsstudiengänge anbieten, einen Flickenteppich verschiedener Lösungen. Die Unis Bielefeld und Bochum setzen bereits seit 2002 auf die angelsächsischen Studiengänge Bachelor und Master. Auch Münster, Dortmund und Wuppertal haben sich vom klassischen Studium, das mit dem Ersten Staatsexamen endet, verabschiedet. Andere halten daran fest.

Bachelor und Master statt Lehramtsstudium

Doch wenn es nach dem Willen der Kommission geht, hat das traditionelle Lehramtsstudium endgültig ausgedient. An dessen Stelle sollen flächendeckend Bachelor und Master treten. Die Vorteile liegen nach Einschätzung der Experten auf der Hand. Während das Lehramtsstudium als Einbahnstraße gilt - man studiert zwei Fächer und wird dann Lehrer -, entscheidet man sich erst nach den sechs Semestern eines Bachelor-Studiums, ob man in die Klasse will oder doch lieber in die Wirtschaft. Wer den Lehrerberuf vorzieht, schließt ein Master-Studium an, das mit dem Master of Education (früher: Erstes Staatsexamen) endet.

An mehr Praxis an der Hochschule ist nicht gedacht

Nicht rütteln wollen Baumert & Co. hingegen an der Zweiteilung des Studiums. Die "Erste Phase" beinhaltet nach wie vor die universitäre Ausbildung. In der "Zweiten Phase" geht es in den Vorbereitungsdienst, in dem die angehenden Lehrer die Praxis kennenlernen. An einen Ausbau der Praxisanteile in der Hochschule, in denen der Student frühzeitig seine Eignung zum Lehrer überprüfen kann, ist nicht gedacht. Man brauche nicht "mehr, sondern bessere Praxisphasen", heißt es im Bericht.

In Uni-Zentren sollen die Zuständigkeiten gebündelt werden

Ein Vorschlag, der den Hochschulen kaum gefallen dürfte, ist die Einrichtung so genannter "Zentren für die Professionalisierung der Lehrerbildung". Die Zuständigkeit für die Ausbildung, die bislang auf die verschiedenen Fakultäten verteilt ist, soll dort gebündelt werden. Sie tragen die zentrale Verantwortung. Um sie durchsetzungsfähig zu machen, sollen sie oberhalb der Fakultäten angesiedelt werden und Befugnisse zur internen Mittelverteilung erhalten - da ist Ärger programmiert.

Ein eigenes Studium nur für Grundschullehrer

Kritik hagelt es schon jetzt in Bezug auf die Empfehlungen für die Lehramtstypen. So schlägt die Kommission einen getrennten Studiengang für angehende Grundschullehrer vor. Derzeit gibt es eine stufenübergreifende Ausbildung für Grund-, Haupt- und Realschule. Wer aber im Primarbereich arbeiten wolle, müsse solle sich weitgehend auf das "Studium der sprachlichen Grundbildung" konzentrieren, meint die Kommission. Neben einem Ausbildungsgang für Grundschulen schlägt sie einen weiteren für Haupt- und Realschulen (mit entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule) sowie einen für Gymnasien und Gesamtschulen vor. Die Gewerkschaften nennen diese Ideen wenig zukunftsorientiert, werde mit diesem Modell doch das gegliederte Schulsystem verfestigt.

Umgesetzt wird die Reform zum Wintersemester 2008/2009.