Kohlenmonoxid-Pipeline: Wohlstand verlangt seinen Preis
Bei den Anwohnern im Kreis Mettmann regt sich Widerstand gegen eine geplante Kohlenmonooxid-Leitung. Regierungspräsident Jürgen Büssow hat keine Bedenken gegen eine Genehmigung.
<strong>Kreis Mettmann. Die Kohlenmonoxid-Leitung durch den Kreis Mettmann macht Karriere. Gestern beförderte Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) die Pipeline, die in den vergangenen Wochen mehr und mehr zum Zankapfel zwischen dem Kreis Mettmann und seiner Behörde geworden ist. Nun hat es fast den Anschein, als sei die 67 Kilometer lange Leitung zwischen Köln-Worringen und Krefeld-Uerdingen so etwas wie ein Schlüsselprojekt für den Standort Rheinland. Bayer braucht das Kohlenmonoxid in Uerdingen für die Herstellung von Kunststoffen. Und der Transport durch die Pipeline ist billiger als über Schiene und Straße. Der Bayer AG geht es vor allem um Kosten. Dem Kreis Mettmann geht es um Sicherheit und darum, ernst genommen zu werden. Städte, Bürgermeister, Politiker und Bürger fühlen sich übergangen und schlecht informiert. Die Angst geht um. Vor Wochenfrist war Landrat Thomas Hendele (CDU) mit einem fünfseitigen Gutachten auf den Markt gegangen, nach dem mehr als 142 000 Menschen der Tod droht, wenn die Leitung auf ihrer gesamten Länge platzt.
Büssow spricht von Horrorszenarien der Pipeline-Gegner
Derlei "Horrorszenarien" mochte Büssow nun nicht länger tatenlos hinnehmen. Er verwies auf Sicherheitsstandards, die seine Behörde der Bayer AG abgetrotzt habe und die in Europa ohnegleichen seien. "Die Leitung ist auf 100 Bar Druck ausgelegt, wir genehmigen den Betrieb aber mit höchstens 40 Bar", erklärte Büssow. Außerdem liege die Leitung in 1,4 Meter Tiefe, obwohl für Rohre dieser Art in Deutschland nur ein Meter gefordert sei. Darüber hinaus sei die Anlage mit dem modernsten Leck-Warnsystem ausgerüstet, das es zu kaufen gebe. "Die Wahrscheinlichkeit eines gefährlichen Schadens liegt bei einem in einer Million Jahre", sagte der Regierungspräsident. Gleichwohl wisse er natürlich, dass Kohlenmonoxid gefährlich sei. "Wer neben der Leitung steht, wenn was passiert, der ist tot. Das wissen wir. Und deshalb haben wir so hohe Sicherheitsstandards gefordert." Im Übrigen sei seine Behörde neutral und nur für die Prüfung da, ob ein Bauvorhaben genehmigungsfähig sei oder nicht.Die Pipeline ist aus der Sicht Büssows und seiner Fachleute genehmigungsfähig. Und für Büssow ist sie noch mehr als das: "Wenn wir das Projekt so nicht akzeptieren können, dann können wir hier auch keine Industrie mehr akzeptieren. Wir leben in einer Chemieregion und nicht im Naturschutzgebiet."
Chemie: Kohlenmonoxid ist einer der wichtigsten Grundbausteine für die Produktion von Kunststoffen, die unter anderem in der Automobil-, Bau- und Freizeitindustrie eingesetzt werden.
Beschluss: Per Gesetz hat der Landtag den Bau der Pipeline beschlossen, die den Chemie- und Kunststoffstandort sichern soll.
Rohre: Ein mehrschichtiges System soll die CO-Pipeline sicher machen: 25 Zentimeter dicke Stahlrohre sind für 100 bar Druck ausgelegt, werden aber mit 13,5 bar betrieben. Sie liegen 1,40 Meter tief im Boden. Darüber eingelassen: eine reißfeste Textilschicht mit Warnaufdrucken.
Sicherheit: Ein Membranschlauch grenzt an die Rohre und meldet bei Lecks auch winzige Gasmengen der Zentrale.
Widerstand: In mehreren Städten des Kreises Mettmann ist der Bau äußerst umstritten. Bei einem Leck seien angeblich mehr als 143 000 Menschenleben gefährdet.