NRW Klage gegen „Kommunal-Soli“: Oberste NRW-Richter prüfen Umlage

Darf das Land den reicheren Kommunen in NRW Mittel wegnehmen, um die schwächeren zu unterstützen? Der Innenminister sagt seit Jahren ja und appelliert an die notwendige Solidarität. Jetzt sind die obersten Verfassungsrichter am Zug.

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Münster (dpa). Das Land Nordrhein-Westfalens verlangt von den reicheren Kommunen eine solidarische Hilfe zur Entschuldung der finanziell schwächeren Städte und Gemeinden. Pro Jahr sollen sie 90 Millionen Euro als sogenannten Kommunal-Soli einzahlen. Mehr als 70 der betroffenen Gemeinden in NRW wollen da aber nicht länger mitmachen. Sie haben vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt. Der verhandelt am Dienstag und prüft, ob der Kommunal-Soli der Landesregierung tatsächlich gegen die Verfassung verstößt.

Der Hintergrund: Einige NRW-Kommunen kommen trotz großer Anstrengungen aus den roten Zahlen nicht heraus. Neben den Schulden drücken weiter steigende Soziallasten die Städte ins Minus. Was die Kämmerer an der einen Seite einsparen, kommt an anderen Stellen wieder an Belastung dazu.

Das Land will diesen Kommunen unter die Arme greifen und hat 2011 das Stärkungspaktgesetz Stadtfinanzen verabschiedet. Darin verspricht NRW finanzielle Entlastung, allerdings müssen die betroffenen Kommunen im Gegenzug ihre Haushalte sanieren. Spätestens 2021 müssen dazu Einnahmen uns Ausgaben wieder im Gleichgewicht sein. Für diese Anstrengung gibt es bis 2020 vom Land 5,8 Milliarden Euro. Von den reicheren Kommunen fordert das Land aber auch einen Anteil: den „Kommunal-Soli“.

Sie sollen rund 91 Millionen Euro pro Jahr beisteuern. Betroffen sind solche Kommunen, die nachhaltig mehr Geld einnehmen als sie ausgeben. Monheim (22,6 Millionen Euro) und Düsseldorf (18,9 Millionen Euro) haben im Jahr 2015 zweistellige Millionen-Beträge in die Umlage eingezahlt und damit die größten Summen zugeliefert. Weitere Top-Zahler sind Ratingen (5,4), Verl (4,0), Halle/Westfalen (2,9) und Langenfeld (2,9). Zehn weitere Kommunen zahlen jeweils über eine Million Euro ein.

Ralf Jäger (SPD) ist als NRW-Innenminister auch für die Kommunalaufsicht zuständig, betont, dass niemand überfordert werde. „Nur wenn Land und Kommunen an einem Strang ziehen, haben hochbelastete Städte und Gemeinden wieder die Chance, zu einer selbstbestimmten Haushaltspolitik zurückzukommen“, erklärte Jäger vor dem Termin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Land zahle rund zwei Drittel aller Stärkungspaktleistungen. „Das ist der Löwenanteil. Es geht an die Grenze seiner Belastbarkeit“, sagt Jäger. Die Solidaritätsumlage bezeichnet der Innenminister als notwendig und verweist auf die gleiche Praxis in anderen Bundesländern.

Rechtsanwalt Jörg Wacker vertritt die klagenden Kommunen in Münster. Nach seiner Auffassung geht es nicht um Gefühle wie Solidarität, sondern um Rechtsfragen. „Einigen Kommunen muss geholfen werden. Das ist unbestritten. Aber das ist Aufgabe des Landes und nicht der anderen Kommunen“, sagt der Jurist. Er sieht nicht nur einen Verstoß gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen die Landesverfassung. „In den vergangenen Jahren wurde durch mehrere Grundgesetzänderungen die Rolle der Kommunen gestärkt. Der Verfassungsgerichthof muss jetzt prüfen, ob das Land über die Umlage Mittel der Kommunen abgreifen darf“, sagt Wacker.

Dabei seien nicht die Top-Kommunen wie Monheim oder Düsseldorf das Problem. „Am schlimmsten trifft es die, die so gerade eben mehr Einnahmen als Ausgaben haben. Durch den Eingriff des Landes rutschen sie ins Minus und fallen hinter die Städte zurück, die sie unterstützen sollen.“