Klageflut gegen Gesundheitsreform
Protest: NRW-Krankenhäuser wehren sich gegen Sanierungsbeitrag.
Düsseldorf. Auf die gesetzlichen Krankenkassen kommt eine Klageflut der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser zu: Mit dem Gang vor Gericht wehren sich die Kliniken gegen den durch die Gesundheitsreform eingeführten so genannten Sanierungsbeitrag zur finanziellen Gesundung der Kassen. Danach wird in diesem und dem kommenden Jahr jede Krankenhausrechnung pauschal um jeweils 0,5Prozent gekürzt. Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) spricht von einer "Zwangsabgabe", durch die den Kliniken landesweit rund 50Millionen Euro pro Jahr fehlten.
In den kommenden Tagen wollen daher in einer ersten Welle 190 der 350 betroffenen Häuser - ausgenommen sind psychiatrische Kliniken - vor die acht Sozialgerichte im Land ziehen, weil sie die Regelung für verfassungswidrig halten. Eine zweite Welle mit den restlichen Kliniken folge dann im Februar kommenden Jahres, kündigte der Präsident der KGNW, Karsten Gebhardt, gestern in Düsseldorf an.
Das Ziel: Möglichst schnell mit einer Normenkontrolle vor das Bundesverfassungsgericht zu kommen und eine Grundsatzentscheidung zu erhalten. Zu den klagenden Kliniken gehören nach Angaben des Verbandes unter anderem Häuser in Wuppertal, Düsseldorf, Solingen, Viersen, Neuss und Mönchengladbach. Sie folgen damit dem Beispiel von Einrichtungen in Hessen und Rheinland-Pfalz, die bereits Klagen eingereicht haben.
Beklagte seien zwar formal die Krankenkassen, erläuterte Gebhardt. Der Unmut richte sich aber eigentlich gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung: Der KGNW-Präsident mahnte: "Es kann nicht sein, dass die kranken Kliniken die gesunden Krankenkassen finanzieren." So habe die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zwischen Januar und September 2007 einen Überschuss von rund 173 Millionen Euro erzielt.
Pro Klinik rechnet die Krankenhausgesellschaft mit einem Minus von 130000 Euro oder umgerechnet zwei bis drei Stellen durch den Sanierungsbeitrag. Schon heute schreibe etwa ein Drittel der Kliniken rote Zahlen, in den vergangenen Jahren sei Personal abgebaut worden. Die Sparzwänge führten zu einer "massiven Verdichtung der Arbeit" für das Krankenhauspersonal. Leidtragende seien nicht zuletzt die Patienten, an deren Krankenbett die Kürzungen mittlerweile angekommen seien. Diese seien unzufriedener mit der Leistung der Kliniken als in den vergangenen Jahren. Sie beklagten laut einer Studie in erster Linie, dass die Ärzte und das Pflegepersonal zu wenig Zeit für sie hätten, dass es an Information fehle.
Die gesetzlichen Krankenkassen sehen den Klagen derweil gelassen entgegen. Die Regelung sei gerichtsfest und inhaltlich berechtigt, weil der Klinikbereich überproportional an den Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich beteiligt sei, sagte ein GKV-Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung.