Kohleausstieg: Gerangel auf der Zielgeraden
Vor dem Gipfel am Mittwoch in Berlin hält CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla eine Einigung für sehr wahrscheinlich. Das Land NRW will vor allem Geld sparen.
<strong>Düsseldorf. Mittwoch ist womöglich ein historischer Tag. Beim so genannten Kohlegipfel in Berlin wollen NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, sein saarländischer Kollege Peter Müller (beide CDU), Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU), RAG-Chef Werner Müller (parteilos) sowie Gewerkschaftschef Hubertus Schmoldt (SPD) den Ausstieg aus der subventionierten Steinkohleförderung finden. Einigen sie sich, würden sie damit einen Schlussstrich unter eine 200-jährige Industriegeschichte ziehen, die vor allem den Westen Deutschlands geprägt hat wie keine andere Entwicklung. Nach dem Geschacher, verbalen Nebelkerzen und Aufgeregtheiten der vergangenen Tage sind die Chancen groß, dass der Schritt gelingt.
Die Staatskanzlei hat das Ausstiegsdatum hochgespielt
2014, 2018 oder vielleicht 2016? Diese Jahreszahlen als Ausstiegsdatum haben eine immense Bedeutung bekommen. Vor allem die Düsseldorfer Staatskanzlei hatte in der vergangenen Woche mit der Forderung, bereits in sieben Jahren die letzte Schicht in den Zechen zu fahren, das Ausstiegsdatum zum entscheidenden Kriterium hochgespielt. Damit steht Rüttgers offenkundig auch in den eigenen Reihen außerhalb Nordrhein-Westfalens alleine auf weiter Flur. "Wir sind uns in den wichtigen Eckpunkten weitgehend einig", verkündete CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, der auf Stippvisite im Düsseldorfer Landtag war. Es seien nur noch "Feinheiten" zu klären, so der Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter.In diesem Jahr zahlt NRW 564 Millionen Euro an Subventionen
Was er als "Feinheiten" bezeichnet, wird von Rüttgers als nahezu überlebenswichtig eingestuft. In den vergangenen Tagen wurde er nicht müde, immer wieder zu erklären, dass es vor allem um viel Geld geht. Der Ministerpräsident hat Angst, dass er von Berlin über den Tisch gezogen wird und NRW am Ende vor einem unübersehbaren Finanzrisiko steht. Dabei geht es vor allem um die Absicherung der Ewigkeitskosten und um die Frage, ab wann NRW keine Subventionen mehr zahlen muss. Bislang beträgt diese Summe noch 564 Millionen Euro im Jahr.
Da ist jedes Jahr teuer. In Berlin wird schon kolportiert, der Bund werde ab 2016 alles alleine zahlen, wenn denn NRW dem Enddatum 2018 zustimme. "Das würde für uns eine Milliarde Euro bringen", sagte gestern NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU). Aber er sagte auch, dass das Land gerne noch früher von seinen Verpflichtungen erlöst werden würde.
Trotz der verbalen Scharmützel in den vergangenen Tagen stellt sich wohl auch die Staatskanzlei darauf ein, dass es jetzt ernst wird. Rüttgers jedenfalls ist bereit, auf eine US-Reise in der kommenden Woche zu verzichten, wenn Nachverhandlungen notwendig sind.
Bergbau 1957 waren es mehr als 600 000 Menschen, derzeit sind es noch fast 35 000 in den acht Zechen. 2008 soll die Zeche Walsum, 2010 die Zeche Lippe in NRW geschlossen werden. Die größten Vorräte gibt es unter der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop. Dort werden noch Reserven von über 200 Millionen Tonnen vermutet - aber in sehr großer Tiefe.
RAG-Konzern Alle Zechen sind unter dem Dach der Deutschen Steinkohle (DSK) zusammengefasst. Die DSK ist wiederum eine Tochter des Essener RAG-Konzerns. Neben der DSK gibt es bei der RAG einen "weißen Bereich": Dazu gehören Degussa (Chemie), Steag (Kraftwerke) und die Immobiliensparte.