Steinkohle: Weiter Hängen im Schacht
Der Gipfel in Berlin brachte keine Ergebnisse, sorgte aber für heftige Emotionen – bei der Politik, vor allem aber bei den betroffenen Bergarbeitern.
Düsseldorf. Wut und Kampfeswille in Düsseldorf, Zwist und Hader in Berlin: Die Zukunft der deutschen Steinkohle sorgt nach wie vor für heftige Emotionen. Vor dem Landtag demonstrierten rund 10 000 Bergleute gegen die Forderung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), bereits 2014 aus der Kohle auszusteigen. In der Hauptstadt hatte es wenige Stunden zuvor heftig geknallt.
Rüttgers war am Mittwochabend mit einer gehörigen Portion Wut zum Kohlegipfel nach Berlin gereist. Er fühlte sich von dem Beschluss der Großen Koalition vom Montag brüskiert, der einen Ausstieg im Jahr 2018 vorsieht. Das sei nicht mit ihm abgestimmt, er habe das am Montag auch Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) mitgeteilt. Dennoch hätten die Bundesminister auch seitens der Union so getan, als sei diese Regelung von NRW abgesegnet. Nach Berichten von Sitzungsteilnehmern habe es dann am Mittwoch einen heftigen Streit zwischen Rüttgers, de Maizière und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) gegeben. Danach habe man wieder über Details reden können - ohne allerdings zu einem Ergebnis zu kommen.
Rüttgers hält an 2014 fest, um über diesen Hebel bessere Finanzkonditionen herauszuschlagen. Er fürchtet, in der Haftungsfrage für die Dauerkosten des Bergbaus - also Abpumpen und Bergschäden - vom Bund alleine gelassen zu werden. Ein späterer Ausstieg sei möglich, wenn denn die finanzielle Seite stimmt, lauten die Signale aus Düsseldorf.
Die Gewerkschaften reagierten auf ihre Weise auf die neuerliche Krise. Sie organisierten in der Nacht noch eine Großdemo und brachten rund 10 000 Kumpel und Beschäftigte des RAG-Konzerns vor den Landtag. Sie hielten schwarze Luftballons in den Händen, auf denen stand: "Ich bin ein Arbeitsplatz." Der Protest richtete sich direkt gegen Rüttgers: "Bergleute verraten und verkauft von unserem Landesvater", stand auf einem Transparent.
Dass es nicht nur um die über 33 000 Kumpel in den Zechen, sondern auch um die Zukunft des gesamten Mutterkonzerns RAG geht, machte Gesamtbetriebsratschef Ludwig Ladzinski deutlich: "Wenn die Kohlefrage nicht geklärt ist, werden wir dem Börsengang des weißen Bereichs der RAG nicht zustimmen", sagte er unter dem Jubel der Demonstranten.
Auch SPD-Landeschefin Hannelore Kraft bekam Applaus für ihre Ankündigung: "Die SPD wird an ihrer Seite kämpfen." Von der Landesregierung sprach keiner. "Wir sind von der Gewerkschaft nicht eingeladen worden", hieß es aus der Staatskanzlei.
Bergwerke: Derzeit gibt es noch acht Zechen, sieben davon in NRW: Es sind Bottrop, Duisburg, Gelsenkirchen, Hamm, Ibbenbüren, Kamp-Lintfort und Marl. Dazu kommt das Bergwerk Ensdorf im Saarland. Alle sind unter dem Dach der Deutschen Steinkohle (DSK) zusammengefasst. Die DSK ist eine Tochter des Essener RAG-Konzerns. Zur RAG zählen auch der "weiße Bereich" mit Degussa (Chemie), Steag (Kraftwerksbau) und die Immobiliensparte.
Beschäftigte: Derzeit gibt es noch mehr als 33 000 Bergleute. Klar ist jetzt schon, dass im nächsten Jahr die Zeche Walsum und 2010 die Zeche Lippe schließen.