Linkspartei: Vor dem Start schon heiß umstritten

Die Neugründung sorgt für Wirbel in NRW. Verfassungsschützer sind wachsam.

Düsseldorf. Offiziell gibt es sie noch gar nicht, doch sie sorgt schon für jede Menge landespolitischen Wirbel: "Die Linke" will sich in NRW erst im Oktober als Landesverband gründen und hat doch schon den Düsseldorfer Landtag erreicht.

Das hat einen konkreten Grund: Der Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel hat seine politische Heimat, die Grünen, verlassen, behält aber sein Mandat und denkt über einen Eintritt bei den Linken nach. "Ich habe viele Kontakte und gute Gespräche. Aber ich warte erst einmal die kommenden Wochen und die Gründung des Landesverbands ab", sagte Sagel unserer Zeitung. Tritt er bei den Linken ein, bekämen diese im bevölkerungsreichsten Bundesland ein Mandat frei Haus geliefert - bei der vergangenen Landtagswahl landete die PDS bei kümmerlichen 0,9 Prozent, die WASG kam auf 2,2 Prozent. Beide wollen sich nun im Oktober zur Linken vereinen.

Sagel ist so etwas wie eine Symbolfigur geworden bei dem Versuch der Linken, im Westen Fuß zu fassen. Dabei wird die PDS derzeit noch vom Landesverfassungsschutz beobachtet, weil sie eine Überwindung des aktuellen Gesellschaftssystems anstrebe. Die PDS-NRW hat derzeit rund 1900 Mitglieder, rund die Hälfte davon stammt aus der alten DKP und anderen kommunistischen Organisationen. Sie ist eine reine Großstadtpartei, ist zum Beispiel im Ruhrgebiet in nahezu allen Stadträten vertreten.

Die WASG hat in NRW nach eigenen Angaben rund 2900 Mitglieder. Viele davon kommen aus den Gewerkschaften IG Metall und Verdi, wie etwa auch der Landesvorsitzende Wolfgang Zimmermann. Aber es gibt bei der WASG auch viele, die aus der SPD kommen und ihrer alten Partei vor allem wegen der Hartz-Gesetze Adieu gesagt haben. In Rösrath haben jetzt vier SPD-Ratsmitglieder ihren Austritt erklärt und wollen zur Linken gehen.

Natürlich ist es vor allem die SPD, die die neue Konkurrenz auf der linken Seite des politischen Spektrums fürchten muss. Bislang gibt es innerhalb der Landtagsfraktion keinen, der "den Sagel" machen und zur Linken wechseln will - trotz hartnäckiger Recherchen von Journalisten. Aber klar ist: Die Linke wird in NRW kommen, und sie wird die Lage völlig verändern. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hält es für durchaus möglich, dass die neue Partei bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2010 den Sprung ins Parlament schaffen wird. Dann hätten CDU und FDP wohl keine Mehrheit mehr, lautet ihr Kalkül. Sollte es dann für SPD, Linke und Grüne reichen, könne sie Gespräche nicht ausschließen. Bis dahin gelte es aber, die Linke inhaltlich zu stellen, so Kraft.

Damit setzt sich Kraft deutlich von der Linie der Bundespartei ab, die eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei kategorisch ablehnt. Dabei geht sie bereits von der Linkspartei in NRW als einer festen Größe aus.

Die Verunsicherung muss schon immens sein, wenn die SPD in NRW schon fest von einem Einzug der Linkspartei in den Landtag ausgeht, bevor die sich überhaupt gegründet hat. Die Genossen rund um Kraft wären besser beraten, den Neuling von vorneherein politisch zu bekämpfen. Denn gerade in NRW knirscht es kräftig zwischen PDS und WASG. Die pragmatischen Gewerkschafter haben Angst, von den alten Kommunisten-Kadern über den Tisch gezogen zu werden. Noch ist überhaupt nicht absehbar, wie aus diesem Haufen eine Partei werden soll - von einem Regierungspartner ganz zu schweigen.