Nokianer: Kampfansage nach Finnland

Demonstrationsmarsch: Bochum steht geschlossen hinter den betroffenen Mitarbeitern.

Bochum. In der Stunde der Not haben die Bochumer ihre Glocke der Solidarität aus dem Rathaus auf einen Lastwagen geladen. Zwei Stahlarbeiter stehen beim Demonstrationszug auf der Ladefläche und läuten gegen das Aus für den zweitgrößten Arbeitgeber der Stadt an. Dahinter schreitendie Nokia-Betriebsratschefin Gisela Achenbach und IG-Metall-Chef Berthold Huber. Am Dienstag wollen in Bochum alle "Nokianer" sein.

Herbert Grönemeyer hat eine Solidaritätsbekundung geschickt, die Parteien und Gewerkschaften sind gekommen, und fast alle der 15000 Demonstranten tragen Nokia-Anstecker. Auf Transparenten wird der Markenname "Nokia" allerdings neu buchstabiert: "Nicht menschlich, Ohne Skrupel, Kein Respekt, Im Geldrausch, aktionärsabhängig." Leise Töne schlägt keiner der Redner auf der Großkundgebung an, IG Metall-Chef Huber schreit gar, bis seine Stimme sich überschlägt: "Nokia hat den Beschäftigten in Deutschland nicht die Pistole auf die Brust gesetzt, Nokia hat gleich geschossen." Das sei wahrer Wild-West-Kapitalismus.

Auch Achenbach lässt ihrer Wut freien Lauf. Sie frage sich, warum Nokia die Handy-Produktion nach Rumänien verlagern wolle, ein Land, das von politischer Unsicherheit und Korruption geprägt sei. Zudem sagt sie den Nokia-Kollegen in Finnland voraus: "Man kann sich das an fünf Fingern abzählen, wer der Nächste ist, nämlich Finnland." Dort herrsche ein ganz ähnliches Lohnniveau wie in Deutschland.

Arbeitsangebote Die 2300 Mitarbeiter des von der Schließung bedrohten Bochumer Nokia-Werkes sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt sehr gefragt. Seit Bekanntgabe der Schließungspläne durch den finnischen Mutterkonzern hätten zahlreiche Unternehmen aus ganz Deutschland bereits mit insgesamt rund 500 bis 600 freien Stellen ihr Interesse angemeldet, sagte der Leiter der Arbeitsagentur Bochum, Luidger Wolterhoff. Einzelne Unternehmen hätten sogar signalisiert, im dreistelligen Bereich Nokianer einstellen zu wollen.

Guter Ruf Der Leiter der Arbeitsagentur führt die zahlreichen Angebote auf die hohe Wertschätzung der Belegschaft zurück: "Die Mitarbeiter genießen den Ruf, Gutes zu leisten und sehr motiviert zu sein", sagte Wolterhoff.