Innenministerium Nordrhein-Westfalen stellt sich in Flüchtlingspolitik neu auf
Innenminister Ralf Jäger (SPD) will Geflüchteten mehr bieten als ein Dach über dem Kopf. Er setzt auf Unterstützung, nicht Abschreckung.
Düsseldorf. Zumindest für Innenminister Ralf Jäger (SPD) ist die Sache klar. Weil die meisten Geflüchteten, die bisher nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind, gute Chancen auf einen positiven Asylbescheid haben, müsse das Land die Flüchtlingsunterbringung neu ausrichten.
Von Abschreckungsfantasien und Taschengeld-Diskussionen hält Jäger nichts und spricht stattdessen vom „humanitären Selbstverständnis“, mit dem er die Flüchtlingspolitik neu aufstellen will. An erster Stelle sollen künftig die Bedürfnisse der Asylbewerber stehen.
Dazu hat das Innenministerium gemeinsam mit Spitzenvertretern der Kommunen, Kirchen, Wohlfahrts- und Flüchtlingsverbänden einen Zehn-Punkte-Plan erarbeitet; Eckpunkte, die nichts weniger als einen Paradigmenwechsel in NRW einläuten sollen. Dazu sollen die Standards der Einrichtungen sowie die medizinische und psychologische Versorgung der Menschen verbessert werden.
Auch wird mehr Augenmerk auf die soziale Beratung von Geflüchteten gelegt und ein dezentrales Beschwerdemanagement eingerichtet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) soll zudem mehr Außenstellen in NRW einrichten. Die teilweise monatelange Bearbeitungsdauer der Asylanträge ist laut Jäger der Hauptgrund, warum es hakt. „Da ist noch viel Luft nach oben.“
Während Verbände wie etwa der Flüchtlingsrat NRW die zehn Eckpunkte als „guten ersten Schritt“ begrüßen und Jägers Dialogbereitschaft loben, hagelt es Kritik von der Opposition. Eine „Ankündigung ohne Substanz“ nennt der stellvertretende Chef der CDU-Landtagsfraktion, André Kuper, das Papier. Die FDP hält es für eine „Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen ohne Konzept“.
Besonders viel Unmut gibt es an der derzeitigen Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen, bei der einige Großstädte bevorzugt würden. Das bestätigt Jäger zwar teilweise, betont aber, dass es sich dabei um Momentaufnahmen handele, da sich die tatsächlichen Aufnahmezahlen beinahe täglich veränderten.
Ab dem Jahr 2017 soll sich auch die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung verbessern, Jäger will „das System komplett umstellen“. Gemeinden bekommen derzeit eine Pauschale — berechnet nach der Fläche und zu 90 Prozent nach ihrer jeweiligen Einwohnerzahl. In Zukunft soll für jeden aufgenommen Flüchtling pro Monat gezahlt werden. Vor 2017 lasse sich diese Änderung aber logistisch nicht stemmen, sagt Jäger. In dieser Frage bestehe übrigens Konsens mit den Städten.