NRW will massenhaften Steuerbetrug mit manipulierten Kassen stoppen
Nach den Millionären mit Schweizer Schwarzgeld-Konto nimmt Nordrhein-Westfalens Finanzminister Walter-Borjans jetzt den Steuerbetrug des kleinen Mannes ins Visier: Manipulationen an Registrierkassen.
Düsseldorf (dpa) - Massenhafter Betrug an manipulierten Bargeldkassen kostet den deutschen Staat laut Expertenschätzungen jedes Jahr etwa zehn Milliarden Euro an hinterzogenen Steuern. Nordrhein-Westfalen will jetzt einen Vorstoß unternehmen, den Betrug zu beenden.
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), forderte am Donnerstag in Düsseldorf die gesetzliche Einführung einer Software, die Manipulationen an jeder Kasse aufdecken kann. Gefragt sei eine Art „Fahrtenschreiber“, der an allen rund zwei Millionen elektronischen Kassen in Deutschland alle Daten unveränderbar dokumentiere.
Walter-Borjans will das auf die Tagesordnung der Finanzministerkonferenz von Bund und Ländern bringen. Der SPD-Politiker ist in diesem Jahr Vorsitzender des Gremiums.
Außerdem will er über „die Kultur des Bezahlens“ in Deutschland beraten. „In anderen Ländern gibt es einen extrem viel höheren Anteil an Kartenzahlern“, sagte Walter-Borjans. Wenn hohe Beträge - etwa für ein Auto - bar bezahlt würden, stelle sich schon die Frage nach dem Grund. Geldwäsche sei bei großen Bargeldgeschäften nicht auszuschließen. Einen möglichen Grenzwert für Bargeldgeschäfte wollte Walter-Borjans aber nicht vorgeben.
Zunächst will er über eine Änderung der bundesgesetzlichen Abgabenordnung die massenhafte Manipulation von Kassen beenden. Walter-Borjans wirbt bei seinen Amtskollegen in Bund und Ländern dafür, alle Unternehmer zu verpflichten, ihre Kassen mit Smartcards auszustatten, die alle Dateneinträge und Veränderungen fälschungssicher registrieren.
Ob dies die Unternehmer zahlen müssten - etwa 20 bis 30 Euro pro Chipkarte - oder ob die Hersteller von Kassensystemen verpflichtet werden, künftig für eine entsprechende Ausstattung zu sorgen, müsse geregelt werden, sagte Walter-Borjans.
Steuerbetrug an manipulierten Registrierkassen gebe es im Prinzip in jeder Branche, berichtete Steuerfahndungsexperte Arno Becker von der Oberfinanzdirektion NRW. Vor allem kleinere inhabergeführte Betriebe, die überwiegend Bargeld einnehmen, griffen zu technischen Tricks, um ihre Einnahmen zu verschleiern. Neben Handwerksbetrieben, Gaststätten, Friseuren und Spielhallen seien den Betriebsprüfern zuletzt auch verstärkt Apotheken ins Auge gefallen, die „sehr professionell“ mit der Kasse geklüngelt hätten, berichtete Becker.
„Die Möglichkeit, eine Kasse zu manipulieren, gibt es heute schon auf Knopfdruck“, sagte Walter-Borjans. Eine Reihe von Softwareherstellern böten elektronische Kassensysteme an, in denen die Möglichkeit zur Steuerhinterziehung bereits programmiert sei. Daneben gibt es „Kreativ-Software“, die ausschließlich auf Manipulation ausgelegt sei.
„Wer das herstellt kann derzeit bestenfalls wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zur Verantwortung gezogen werden“, erläuterte Walter-Borjans. Voraussetzung sei aber ein Urteil gegen einen Steuerbetrüger, der mit dem System manipuliert habe.