Prognose NRW-Wirtschaft verliert 2019 an Schwung
Düsseldorf · Forscher erwarten nur noch ein Plus von 1,1 Prozent nach 1,4 Prozent in 2018 – harter Brexit ist dabei nicht mal eingerechnet.
Dass es Ende März tatsächlich zu einem harten Brexit kommen könnte, haben die Ökonomen hierzulande bisher ausgeschlossen. Folglich ist diese chaotische Form des Austritts Großbritanniens aus der EU in den Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung in NRW 2019 nicht enthalten. „Das lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken, weil es eben chaotisch wäre“, sagte Christoph Schmidt am Montag in Düsseldorf. Der Präsident des RWI-Leibniz-Instituts in Essen präsentierte folglich ein Zahlenwerk auf Basis eines geordneten Rückzugs.
Und auch bei dieser optimistischen Annahme trüben sich die Wirtschaftsaussichten in NRW etwas ein. Nachdem das Sozialprodukt 2018 um 1,4 (Bund: 1,5) Prozent zulegen konnte, erwartet das RWI für das laufende Jahr nur noch ein Plus von 1,1 (Bund: 1,0) Prozent.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bewertete die Zahlen dennoch positiv. „Nachdem NRW jahrelang im Schnitt um 0,6 Punkte hinter den Bundeszahlen lag, haben wir diese Lücke schließen können.“ Insgesamt sei der konjunkturelle Gegenwind aber stärker geworden. Pinkwart verwies auf die Unsicherheiten durch den Brexit und Verwerfungen im Welthandel.
Arbeitslosenquote in NRW deutlich höher als im Bund
Die Arbeitslosenquote an Rhein, Ruhr und Wupper sank den Angaben zufolge von 7,4 (Bund: 5,7) Prozent im Jahr 2017 auf 6,8 (Bund: 5,2) Prozent im vergangenen Jahr. Für 2019 werden 6,4 (Bund: 4,8) Prozent erwartet. Obwohl die Zahlen deutlich schlechter als die bundesweiten Werte ausfallen, betonte Pinkwart des positiven Trend: „Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit 38 Jahren nicht mehr.“
Die etwas schwächere Konjunktur sei für die Landesregierung Ansporn, die Rahmenbedingungen für Investitionen weiter zu verbessern. Pinkwart verwies darauf, dass Schwarz-Gelb mit den ersten drei „Entfesselungspaketen“ bereits 40 unnötige Regelungen abgeschafft oder vereinfacht habe. „Im nächsten Schritt beschleunigen wir die Genehmigungsverfahren, vereinfachen das Planungsrecht und stellen zusätzliche Flächen für Wohnen und Gewerbe bereit“, so der Minister.
Thomas Meyer, Präsident der Industrie- und Handelskammer NRW, sagte, es gebe trotz der nachlassenden konjunkturellen Dynamik „keinen Grund zum Schwarzmalen“. Knapp die Hälfte der Betriebe in NRW bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut, nur sieben Prozent als schlecht. Dies sei das Ergebnis einer IHK-Umfrage, an der sich 5800 Unternehmen beteiligt hätten. Nur 15 Prozent der Firmen wollen demnach ihre Investitionen zurückfahren. „Noch funktioniert die Konjunktur in Nordrhein-Westfalen“, sagte Meyer.
RWI-Chef Schmidt betonte ebenfalls, dass es keinen Grund gebe, allzu skeptisch zu sein. „Wir sollten die aktuelle Eintrübung nicht überbewerten“, so Schmidt. Die drohenden US-Strafzölle für Autos aus Deutschland seien aber eine schlechte Nachricht. „Die Strafzölle lassen einen verzweifeln, was die Ratgeber von Präsident Trump angeht“, so Schmidt. In NRW sind zahlreiche Zuliefer-Betriebe tätig, deren Geschäfte an den Entwicklungen der Autokonzerne hängen.
Sehr kritisch äußerte sich Schmidt zum geplanten Weg für den Ausstieg aus der Verstromung von Braunkohle. „Das wird uns etwa 100 Milliarden Euro in den nächsten 20 Jahren kosten“, rechnete der Ökonom vor. Aus seiner Sicht wäre es besser gewesen, wenn die Energiewende in Deutschland von Anfang an mehr auf marktwirtschaftliche Mittel und weniger auf staatliche Vorgaben gesetzt hätte. Schmidt sprach sich für eine „konsequente Bepreisung von Kohlendioxid“ aus: „Wenn wir eine Wirtschaft mit weniger CO2 wollen, müssen wir dieses klimaschädliche Gas Schritt für Schritt teurer machen. Vielleicht setzt sich diese Einsicht in Berlin und Brüssel ja noch durch.“