Risse im liberalen Lager: Pinkwart pokert hoch
Analyse: Der Chef der NRW-FDP provoziert mit seinen Ideen zur Schulpolitik die CDU und Parteifreunde.
Düsseldorf. Mehr als zweieinhalb Jahre lang, also während der gesamten Zeit ihrer bisherigen Regierungsexistenz, gab es ein klares Bild von der NRW-FDP: ein kleiner Haufen, der viel durchgesetzt hat und immer mal wieder den großen Partner CDU durch den eigenen Fraktionschef Gerhard Papke ärgern lässt, die eigene Regierungszugehörigkeit aber wie einen Sechser im Lotto betrachtet und durch den Landeschef und Hochschulminister Andreas Pinkwart absichern lässt. Seit ein paar Tagen aber steht die liberale Welt Kopf: Pinkwart hat eine eigene Meinung, brüskiert die CDU und sogar große Teile der eigenen Fraktion.
Denn Pinkwart hat mit seiner Ankündigung, die FDP werde "ergebnisoffen" über die Schulstruktur diskutieren und habe dabei mit der Mittelschule als Ersatz für Haupt-, Real- und Gesamtschulen eine Alternative im Auge, einen klassischen Doppeltreffer gelandet. Er hat die CDU verprellt, weil er die von der Union hochgehaltene Hauptschule ins Jenseits befördern will. Und er hat diejenigen in den eigenen Reihen brüskiert, die fest an der Seite der CDU stehen. Und das sind wohl die meisten.
Heftig war daher der Gegenwind in der Fraktionssitzung. Dort wurde Pinkwart attackiert: Wegen des Tabubruchs, vor allem aber wegen des Zeitpunktes seines Vorstoßes. Denn der kam just, als CDU und FDP ihre Halbzeitbilanz feiern wollten.
Insbesondere Fraktionschef Papke leistet Treueschwüre auf die Hauptschule und lässt auf allen Kanälen senden, dass er nicht nur überrascht, sondern richtig verärgert war über Pinkwarts Alleingang, der freilich vom jungen, forschen FDP-Generalsekretär Christian Lindner begleitet wurde. Das Pinkwart-Lager hält dagegen: Eine Partei müsse auch jenseits des starren Koalitions-Konzepts Themen anstoßen dürfen. Mit einem Profilierungsauftrag von Bundesparteichef Guido Westerwelle habe das gar nichts zu tun.
politiker Kurz nach dem Abitur trat Pinkwart in die FDP ein, verschaffte sich in seiner Heimat, dem Rhein-Sieg-Kreis, eine stabile Basis. Von 1996 bis 2002 war er stellvertretender FDP-Landesvorsitzender. Nach dem Rücktritt von Jürgen Möllemann, zu dessen ersten Kritikern Pinkwart zählte, setzte er sich in einer Kampfabstimmung durch und wurde FDP-Landeschef, später auch stellvertretender Bundesvorsitzender. Nach einem kurzen Intermezzo im Bundestag wechselte er 2005 in die neue schwarz-gelbe Landesregierung. Er gilt seither als starker Mann der Liberalen.