Rüttgers, der schwarze Rau
Der CDU-Ministerpräsident von NRW kümmert sich um das Erbe seines populären Vorgängers. Die SPD setzt dem derzeit nichts entgegen.
Düsseldorf. Der Zustand der SPD ist derzeit desolat. Das macht sich an vielen Punkten fest: An Kurt Beck zuallererst, an den Umfragewerten natürlich, aber auch an dem Umgang mit Johannes Rau.
Der vor zwei Jahren gestorbene Bundespräsident hat als Ministerpräsident das Land Nordrhein-Westfalen geprägt wie kein anderer. Als sein natürlicher Erbe tritt nun Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) auf - die Genossen schauen hilflos zu.
"Johannes Rüttgers" oder "Jürgen Rauttgers" haben die Medien Rüttgers schon getauft. Schließlich ist es offensichtlich, wie stark Rüttgers das Prinzip Rau zu seinem eigenen machen will. "Wir wollen um Johannes-Rau-Wähler kämpfen", gab er unlängst erst auf dem CDU-Landesparteitag als Parole aus.
Im Blick hat er damit jene Wählerschicht, die Rau in den 80er und 90er Jahren absolute Mehrheiten in NRW beschert haben. Weil Rau ein Nordrhein-Westfalen verkörperte, das für Gerechtigkeit und Zusammenhalt stand. Das hatte nichts mit Partei-Programmen zu tun, sondern mit einem Bauchgefühl der Wähler, das bedient wurde: Der Johannes kümmert sich.
Diese Sehnsucht nach einem Politiker, der noch weiß, wo den Leuten der Schuh drückt, ist immer noch vorhanden. Jürgen Rüttgers versucht sie zu stillen. Denn er weiß, dass sein rauschender Wahlsieg im Mai 2005 eine Momentaufnahme war. Um aus dem einst roten Rau-Land ein schwarzes Rüttgers-NRW zu machen, muss der CDU-Mann nachlegen.
Das versucht er in Israel, das er jedes Jahr bereist und wo er durch die Türen geht, die Rau einst geöffnet hat. Den Neu-Rau gibt er als vermeintlicher Arbeiterführer vor den Werkstoren von Nokia - wie Rau einst in Rheinhausen.
Dieses Bild bedient er im Ruhrgebiet, wenn er sich mit Currywurst fotografieren lässt. Und er stellt sich direkt in die Nachfolge, indem er Rau-Statuen enthüllt und die 30. Wiederkehr der ersten Wahl Raus zum Ministerpräsident im September akribisch planen lässt.
Wie der "Focus" jüngst enthüllte, greift Rüttger bei der Planung auf die Hilfe langgedienter Rau-Weggefährten zurück. Der ehemalige Chef der NRW-Staatskanzlei und Leiter des Bundespräsidialamtes, Rüdiger Frohn (vor einigen Jahren aus der SPD ausgetreten), und der ehemalige Parteifunktionär, erfolgreiche Wahlkampfmanager, Ex-Minister und Medienmanager Bodo Hombach sollen ausweislich einer internen Notiz Namensbeiträge von Rüttgers in Zeitungen vorbereiten. Dazu sind Rau-Gesprächsrunden in Berlin geplant, auch an die Verleihung einer Rau-Medaille ist gedacht.
Das alles wird in der Staatskanzlei minutiös vorbereitet und beschäftigt die Abteilung Politische Planung nun schon seit Wochen, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Die SPD hat dem kaum etwas entgegenzusetzen. "Wir planen etwas für den September. Konkretes können wir aber kaum sagen", so ein Parteisprecher auf Anfrage unserer Zeitung.
Dass sich die SPD hier nicht klug verhält, meint Frohn, die einstige rechte Hand Raus. "Es ist für mich rätselhaft, und es macht mich traurig, dass die SPD es weder im Land noch im Bund fertiggebracht hat, ein Erinnerungsprojekt für Johannes Rau auf die Beine zu stellen. Ich verstehe das nicht", sagte er am Freitag der dpa.