Schäubles Rücknahme der Rücknahme
Ein Kommentar von Wolfgang Radau
Berlin/Düsseldorf. Was mag in den Innenminister Schäuble gefahren sein, dass er am vergangenen Freitag ohne Not das Waffenrecht entschärfen wollte? So, dass künftig Sportschützen wieder ab 18 Jahren großkalibrige Waffen erwerben dürfen und nicht, wie nach dem Amoklauf von Erfurt 2002 geregelt, erst ab 21 Jahren?
Schäuble argumentierte, die Neuregelung habe keinen Sicherheitsgewinn gebracht. Das aber hätten Fachleute dem Minister schon vor fünf Jahre sagen können, als aus aktueller Betroffenheit das Gesetz geändert wurde. Damals galt, was auch heute noch gilt: Sportschützen gehen in aller Regel verantwortlich mit Waffen um. Der Todesschütze war eine tragische Ausnahme. Nur: Nach derzeitigem Gesetzesstand dürfte er heute mit 19 noch keine Großkaliber-Waffe besitzen.
Wenn die Schäuble-Erkenntnis so war, wie er am Freitag begründet hatte - was hat sich dann übers Wochenende verändert, dass er gestern die Rücknahme der Gesetzesänderung schon wieder zurücknahm? War es der Protest sogar aus dem eigenen Lager? Wenn ja - werden Gesetze neuerdings nach Lautstärke-Messung gemacht?
Und wo wir bei den Fragen an Schäuble sind - was hat es mit seinem Argument auf sich, er wolle kommendes EU-Recht vorauseilend umsetzen? Besteht Handlungspflicht, dann gilt am Montag die gleiche Grundlage wie am Freitag. Wenn kein Handlungsbedarf besteht - gibt es dann nichts Wichtigeres zu regeln?
Wichtig wäre zum Beispiel die Einrichtung eines zentralen Waffenregisters in Deutschland. Im Zeitalter der Computernetze verwalten immer noch die unterschiedlichen Behörden ihre Waffen-Informationen nach eigenem Gusto - zuweilen auf Karteikarten. Die Gewerkschaft der Polizei hat bereits einen Schuldigen ausgemacht, der den Fortschritt blockiere: Wolfgang Schäuble.